Schotten-Premier Alex Salmond zog die Konsequenzen aus der Niederlage. Gordon Brown rettete Nachfolger Cameron die Haut.
Wien/London. Die Nacht war kurz in 10 Downing Street, und als David Cameron frühmorgens vor dem Amtssitz des britischen Premiers an die Öffentlichkeit trat – wie dies in London nach langen Wahlnächten Tradition ist –, blieb ihm die Blamage erspart. Als Lord North hatte die britische Presse den 47-Jährigen bereits bezeichnet, als Wiedergänger jenes Premiers, der die Kolonie in Amerika verloren und den das Parlament 1782 aus dem Amt gejagt hatte.
Paradoxerweise rettete ihm just jener Mann sein politisches Überleben, den Cameron vor vier Jahren in der Downing Street abgelöst hatte: Gordon Brown. Der ungeliebte Labour-Premier, ein schottischer Pastorensohn, brach im Wahlkampf-Finish in leidenschaftlichen Reden das Momentum für die Verfechter der Unabhängigkeit. In Panik und in seltener Einigkeit waren die Londoner Parteiführer Cameron, Clegg und Miliband im letzten Augenblick in den Norden der Insel geeilt. Als „Team Westminster“ verhöhnt und von den Schotten angepöbelt, fehlte es ihnen an Glaubwürdigkeit. Dabei erinnerte auch Cameron an seine schottischen Wurzeln. Eine Abspaltung, barmte er, würde ihm das Herz brechen.
Der Hinterbänkler Brown, langjähriger Schatzkanzler und Rivale Tony Blairs, feierte in seiner Heimat ein Comeback. Als UN-Sonderbotschafter für Bildung war er auf internationaler Ebene aktiv, im Buch „My Scotland, Our Britain“ legte er Reformideen für ein neues Großbritannien vor, die Cameron aufgreifen will.
Für Cameron sind die Kalamitäten längst nicht ausgestanden, in der Euro-Frage droht ihm eine Palastrevolte unter den Tories. In Edinburgh legte derweil „Braveheart“ sein Schwert nieder: Am Ende ging überraschend Schottlands First Minister, Alex Salmond. Seine Mission war erfüllt, seine Vision hatte sich zerschlagen. (vier)
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)