Währung: Rubel und Hrywnja im freien Fall

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Die Ukraine und Russland, in denen RBI und Bank Austria tätig sind, leiden unter massiven Währungsabwertungen. Die Zentralbanken wollen nicht mehr intervenieren.

Wien. Wer in der Ukraine derzeit ausländisches Geld kaufen will, um etwa nach Europa zu reisen oder sein Erspartes vor weiteren Abwertungen zu schützen, braucht Geduld. Die Zentralbank nämlich sah sich diese Woche veranlasst, den Verkauf von Valuten an physische Personen mit täglich 3000 ukrainischen Hrywnja (etwa 173 Euro) zu beschränken. Die angespannte Situation auf dem Währungsmarkt zwinge dazu, erklären die Währungshüter: Nur Kreditnehmer seien ausgenommen, die Valuten zur Bedienung ihrer Schulden brauchen. Das sind freilich viele. Wie nämlich die Ratingagentur Standard & Poor's aufzeigt, ist der Anteil an Krediten in Valuta am Gesamtkreditportfolio allein der ukrainischen Banken seit 2013 bis Mitte 2014 von 30 auf 44 Prozent gestiegen.

Die Währungssituation ist in der Tat angespannt: Seit Jahresbeginn hat die Hrywnja gegenüber dem Dollar um über 40 Prozent, gegenüber dem Euro um ein Drittel abgewertet, was zwar der Exportwirtschaft hilft, aber die Schuldenlast drastisch erhöht. Nun zeichne sich eine Stabilisierung ab, so das Finanzministerium. Die Zentralbank ihrerseits kündigte Anfang September an, auf einen freien Wechselkurs überzugehen, um bei Interventionskäufen zu sparen. Allein seit Jahresanfang nämlich sind die internationalen Währungsreserven um 22,5 Prozent auf 15,8 Mrd. Dollar (12,3 Mrd. Euro) geschrumpft. Die Kriegssituation unterminiert die Wirtschaft zusätzlich, sodass diese heuer laut Internationalem Währungsfonds (IWF) um 7,25 Prozent schrumpfen dürfte. Haben die Exporte in die EU zugelegt, brechen sie zum zweiten Haupthandelspartner Russland heuer voraussichtlich um 35 Prozent ein. Die gesamten Auslandsschulden (inklusive Firmen) betragen 110 Prozent des BIPs, die des Staates mittlerweile 69 Prozent. Der IWF, der der Ukraine im April einen Stützungskredit von 17 Mrd. Dollar gebilligt hat, schließt einen weiteren Kreditbedarf nicht mehr aus.

Auch der Rubel rollt bergab

Freilich: Auch Ukraines Konfliktgegner Russland steht alles andere als gut da. Einige Jahre Stagnation an der Grenze zur Rezession, prophezeite am Montag Ex-Finanzminister Alexej Kudrin: Die Sanktionen würden Russland dieses und nächstes Jahr jeweils einen Prozentpunkt BIP-Wachstum kosten. Beim Rubel hat das erschöpfte Wirtschaftswachstumsmodell in Kombination mit fehlenden äußeren Impulsen, einem gesunkenen Ölpreis und der Sanktionenlast längst eine Abwärtsspirale ausgelöst. Die russische Währung schwächelt wie seit Beginn der Finanzkrise nicht mehr.

In einem neuen historischen Rekord hat der Dollar in der Vorwoche 38,93 Rubel gekostet – um fast 18 Prozent mehr als zu Jahresbeginn. Gegenüber dem Euro war der Wertverlust des Rubels verhaltener, weil der Euro selbst gegenüber dem Dollar schwächelt. Aber auch gegenüber der europäischen Währung hat der Rubel seit Jahresbeginn um fast zehn Prozent abgewertet.

Weil der niedrigere Ölpreis mit einer Stärkung des Dollars zum Rubel einhergeht, finden die Budgeteinnahmen dennoch statt. Aber die zuletzt beschleunigte Kapitalflucht wird heuer Prognosen zufolge ein Ausmaß zwischen 90 und 120 Mrd. Dollar erreichen.

Immerhin sitzt Russland auf 465 Mrd. Dollar an Gold- und Währungsreserven. Im Unterschied zu den Krisenjahren 2008/2009 freilich setzt auch die russische Zentralbank das Geld nicht mehr zur Stützung des Rubels ein. Vielmehr haben die Währungshüter den Rubel im August demonstrativ dem freien Wechselkurs überlassen – der vorläufige Höhepunkt einer jahrelang angepeilten Währungspolitik, die auf Inflation Targeting setzt, sprich, ein vorgegebenes Inflationsziel mittels Leitzinsen anzusteuern und die Interventionskäufe maximal einzuschränken.

Dem Staat selbst, der kaum in der Kreide steht, macht die Rubelabwertung wenig zu schaffen. Im Gegensatz zu den Firmen und Finanzinstituten, die insgesamt mit 1,3 Bio. Dollar verschuldet sind, zur Hälfte in Valuta. Die meisten Währungsexperten erwarten für die nächsten Jahre eine weitere Rubelabwertung um jährlich bis zu fünf Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2014)

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