Die Stimmung in den Unternehmen in Deutschland sinkt das fünfte Mal in Folge. Das Wachstum droht zu versiegen. Schuld ist die Unsicherheit.
Berlin. Aus den Chefetagen der deutschen Wirtschaft ist der Optimismus gewichen. Der Geschäftsklimaindex des Münchner Ifo-Instituts fällt im September das fünfte Mal in Folge. Noch dazu überraschend stark, von 106,3 auf 104,7 Punkte, den niedersten Wert seit fast eineinhalb Jahren. „Der Konjunkturmotor läuft nicht mehr rund“, kommentiert Institutsleiter Hans-Werner Sinn das Ergebnis der Befragung von 7000 Managern. Damit droht auch das Wachstum in Deutschland zu versiegen. Für das dritte und vierte Quartal dürfte es nur knapp über null liegen.
Hauptgrund für die Flaute sind die zahlreichen internationalen Krisenherde. Vor allem der Ukraine-Konflikt sorgt für Verunsicherung, weit über die unmittelbare Wirkung der Russland-Sanktionen hinaus. Dazu kommt die anhaltend schwache Konjunktur in der Eurozone. Auch die erfolgsverwöhnten Exporteure sehen keine Zuwächse mehr voraus. Die Folge: Die Industrie hält sich – wieder einmal – mit Investitionen zurück. Was die Konjunktur zurzeit noch stützt, sind der weiter robuste Arbeitsmarkt und der private Konsum, den stark gestiegene Löhne und historisch niedrige Zinsen anheizen. Eine für Deutschland untypische Situation, die zusätzliche Sorgen bereitet: Industrieexporte und unternehmerische Investitionen gelten als Basis des deutschen Wohlstands. Fallen sie zurück, könnten bald auch Konsum und Beschäftigung auf Talfahrt gehen.
Damit steigt der Druck von Ökonomen und Wirtschaftsverbänden auf die Regierung, für ein besseres Umfeld zu sorgen. Bisher hat die Große Koalition großteils Maßnahmen gesetzt, die der Wirtschaft das Leben schwerer machen: vom Mindestlohn über die Rente mit 63 bis zur Mietpreisbremse. Unbeeindruckt zeigte sich am Mittwoch die Börse: Die Kurse in Frankfurt zogen an, vermutlich gerade wegen der schlechten Nachrichten. Denn mit ihnen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB ihre Geldschleusen noch weiter öffnet. (gau)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2014)