Banken: Raiffeisen steht vor größerem Umbau

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Wegen der Probleme in Osteuropa steigt der Druck auf Raiffeisen, ihre komplexe Struktur in Österreich zu reformieren. Erwin Hameseder, Chef der Raiffeisen Holding NÖ-Wien, kündigte bereits eine Reorganisation ohne Tabus an.

Wien. Keine andere österreichische Bankengruppe verfügt über eine so komplexe Struktur wie Raiffeisen. In der Vergangenheit war dies kein Problem. Denn die in Osteuropa erzielten Gewinne halfen mit, die verzweigte Raiffeisen-Organisation in Österreich am Leben zu erhalten. Das könnte sich nun ändern. Denn die in Osteuropa tätige Raiffeisen Bank International (RBI) kündigte für heuer einen Verlust von bis zu 500 Millionen Euro an. Ob die RBI für heuer eine Dividende zahlen wird, ist offen.

Doch am Donnerstag senkten die Analysten der Investmentbank JP Morgan das Kursziel für die RBI-Aktie. Sie erwarten, dass die RBI wegen der schwierigen Lage in Osteuropa für die Jahre 2014, 2015 und 2016 keine Dividende ausschütten wird.

Auswirkungen auf die Landesbanken

Die Raiffeisen Landesbanken Steiermark und NÖ-Wien haben als Reaktion auf den RBI-Verlust auch ihre Investoren vor einem schlechteren Ergebnis gewarnt. Damit steigt der Druck auf Raiffeisen, Sparmaßnahmen zu treffen. Erwin Hameseder, Obmann der Raiffeisen Holding NÖ-Wien, kündigte schon im August eine umfassende Reorganisation an. Dabei soll es keine Tabus geben. Raiffeisen ist bisher ähnlich wie der österreichische Staat organisiert:

► Auf der ersten Stufe gibt es 490 selbstständige Raiffeisenkassen mit 1600 Filialen. Das entspricht in etwa den österreichischen Gemeinden.
► Auf der zweiten Stufe stehen die acht Raiffeisen-Landeszentralen. In jedem Bundesland gibt es eine eigene Raiffeisen Landesbank. Eine Ausnahme ist die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien, die für zwei Bundesländer zuständig ist. Eine regionale Besonderheit ist die Zveza Bank, die die slowenischen Raiffeisenkassen im zweisprachigen Gebiet Kärntens betreut.
► Die dritte Stufe bildet die Raiffeisen Zentralbank (RZB) in Wien, die für zentrale Serviceaufgaben in ganz Österreich zuständig ist. Die RZB koordiniert beispielsweise die österreichweite Raiffeisen-Werbung. Der RZB gehören wiederum 60 Prozent an der in Osteuropa tätigen Raiffeisen Bank International (RBI).

Raiffeisen ist die einzige österreichische Bankengruppe, die sich ein dreistufiges System leistet. Erste-Bank-Sparkassen und die Volksbanken sind zweistufig. Sie haben keine Landesbanken in den Bundesländern.

Ähnlich ist die Situation im Ausland. Im wesentlich größeren Deutschland setzte Raiffeisen schon vor Jahrzehnten umfassende Reformen um. In Deutschland arbeiten Raiffeisen- und Volksbanken zusammen. Auch in Österreich gab es in der Vergangenheit Vorschläge, die beiden genossenschaftlich organisierten Bankengruppen zu vereinen. Doch das scheiterte am Widerstand der involvierten Personen. Als das Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG im Zuge der Finanzkrise in eine Schieflage geriet, musste der Steuerzahler einspringen. Bislang wurde die ÖVAG mit einer Milliarde Euro unterstützt. Wie es mit der ÖVAG weitergeht, ist offen.

Zurück zu Raiffeisen: Ähnlich wie in Österreich gab es auch in Deutschland ursprünglich ein dreistufiges System mit den Landesbanken. Doch im Laufe der Zeit verschwanden immer mehr Landesbanken in den deutschen Bundesländern. 1985 wurde beispielsweise die Bayerische Raiffeisen Zentralbank abgeschafft.

Heute ist bei den Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland der Strukturwandel weitgehend abgeschlossen. Die Zweistufigkeit hat sich durchgesetzt.

Parallelen zum österreichischen Staat

In Österreich dagegen tun sich die Raiffeisen Landesbanken in den Bundesländern schwer, ihre Macht abzugeben. De facto wäre es kein Problem, dass die Raiffeisen Zentralbank (RZB) und die Raiffeisen Bank International (RBI) in Wien auch die Aufgaben der Landesbanken in den Bundesländern übernehmen. Doch im Aufsichtsrat der RZB sitzen unter anderem die Chefs der Raiffeisen Landesbanken. Und diese wollen sich nicht selbst abschaffen.

Hier gibt es Parallelen zum österreichischen Staat. Auch die Landeshauptleute legen sich gegen eine Abschaffung der komplexen Bundesländerstrukturen quer.
Manche Raiffeisen-Landesfürsten wehrten sich in der Vergangenheit gegen Vorgaben aus Wien. Ein Beispiel dafür ist der frühere Chef der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger, der aufgrund seiner Machtfülle „König Ludwig“ genannt wurde. Wie geht es nun bei Raiffeisen weiter?

Die Bankengruppe steht vor einem größeren Umbau. Dabei sollen Doppelgleisigkeiten beseitigt werden. Zuletzt kaufte die RZB die Landesbanken aus mehreren gemeinsamen Töchtern aus. Betroffen davon sind etwa Leasing, Bausparkasse, Wohnbaubank. Ziel ist es, bei den Töchtern zehn Prozent der Stellen einzusparen. Ein weiteres Großprojekt ist eine gemeinsame IT-Struktur für Raiffeisen in ganz Österreich.

Hinter den Kulissen werden weitere Sparprogramme evaluiert. Nur die Dreistufigkeit mit den acht Bundesländer-Landesbanken wird bislang nicht angetastet. Walter Rothensteiner, der von Christian Konrad die Funktion des Raiffeisen-Generalanwalts übernommen hat, meinte dazu vor Kurzem im „Format“, er wolle keinen Einheitsbrei. Rothensteiner glaubt, „dass das Standing einer Landesbank, die für ein Bundesland steht, besser ist als jenes eines Filialleiters einer Großbank.“

Auf einen Blick

Bleiben die Gewinne aus Osteuropa aus, muss Raiffeisen auch in Österreich Sparmaßnahmen umsetzen. Derzeit laufen zahlreiche Projekte, um Kosten einzusparen und Doppelgleisigkeiten zu beseitigen. Nur die Landesbanken in den Bundesländern sollen nicht abgeschafft werden, heißt es. Keine andere Bankengruppe ist in Österreich so komplex organisiert wie Raiffeisen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2014)

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