SPÖ-Bürgermeister legte ÖVP-Ministerin mögliche Lösung auf

STEIERMARK: INNENMINISTERIN MIKL-LEITNER BESUCHT ASYL-BUNDESBETREUUNGSEINRICHTUNG IN SPITAL AM SEMMERING: REISINGER / MIKL-LEITNER
STEIERMARK: INNENMINISTERIN MIKL-LEITNER BESUCHT ASYL-BUNDESBETREUUNGSEINRICHTUNG IN SPITAL AM SEMMERING: REISINGER / MIKL-LEITNER(c) APA (ERWIN SCHERIAU)
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Wende am Semmering. Innenministerin Mikl-Leitner wagte sich unter die empörten Bürger. Das Asylheim dürfte doch nicht kommen.

Spital am Semmering. Ende gut, alles gut. ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat im Streit um das Asylwerberheim in der obersteirischen Gemeinde Spital am Semmering eingelenkt: Wenn die Steiermark ihre Unterbringungsquote zu hundert Prozent erfüllt, wird der Bund auf das Hotel „Haus Semmering“ verzichten. Da es einen Interessenten für das ehemalige Gewerkschaftsheim gibt, kann dann auch der Pachtvertrag gelöst werden, den das Innenministerium überfallsartig vor einer Woche abgeschlossen hat.

Spital, Ortsteil Steinhaus am Semmering, Mittwoch nachmittags: In Windeseile hat sich herumgesprochen, dass die zuständige Ministerin auf dem Rückweg von der Sitzung der Flüchtlingsreferenten der Länder in Kärnten der kleinen Gemeinde hinter dem Semmering einen Besuch abstatten will, in der seit einer Woche Aufruhr herrscht.

Zu den rund achtzig syrischen Flüchtlingen, die seit Jahren in Steinhaus untergebracht sind, deren Kinder bereits im Kindergarten und in der Schule integriert sind, schickte das Innenministerium vor einer Woche hundert Asylwerber aus Traiskirchen. Der steirische SPÖ-Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser war ebenso wenig informiert worden wie Bürgermeister Reinhard Reisinger (ebenfalls SPÖ) und seine Fraktionskollegin, die Vizebürgermeisterin und Landtagsabgeordnete Maria Fischer.

Ein Sturm der Empörung fegte durch den 1500-Seelen-Ort, der sich am Montag in einer Bürgerversammlung Luft machte. Alle drei im Gemeinderat vertretenen Fraktionen protestierten gegen diese Vorgangsweise des Ministeriums, das in der Panik falsch reagierte: Der zuständige Beamte sagte kurz vor der Versammlung sein Kommen ab.

Auch Schrittwieser, der den Zorn der Steuerzahler eher ungeschickt auf sich zog, konnte keinerlei Lösung anbieten. Das Land Steiermark hat seine Quote bis heute nicht erfüllt, aber es kam auch kein konkretes Angebot des Landeshauptmannstellvertreters, der die wütenden Wortmeldungen stoisch über sich ergehen ließ.

Am Mittwoch war dann plötzlich alles ganz anders. Mikl-Leitner besichtigte mit den Gemeindevertretern das Hotel – ein ehemaliges Heim der Privatangestelltengewerkschaft, das im Zuge des Bawag-Debakels an eine slowakische Betreiberin verkauft werden musste. Der Andrang von Journalisten und Kamera-Teams war beeindruckend, nur die Asylwerber wussten nicht, was der Trubel bedeuten sollte.

Bürgermeister Reinhart Reisinger, der seit mehr als zwanzig Jahren ein gewiefter Unterhändler ist, wendete schließlich das Blatt: Er habe einen Interessenten für das Hotel an der Hand, der sogar eine Abschlagszahlung leisten würde, sollte der 15-Jahres-Vertrag aufgekündigt werden. Dann wurde man sich recht schnell einig: Landesrat Schrittwieser möge eine 100-Prozent-Quote vorweisen, dann könne man auf das Haus verzichten, gab sich Mikl-Leitner entgegenkommend.

Ball liegt bei Landesrat Schrittwieser

Der Ball liegt jetzt beim SPÖ-Landesrat. Der Mann will eines Tages Landeshauptmann werden, sagt man. Jetzt wird er an dem gemessen werden, was er zustande bringt. Der FPÖ ist damit ein Wahlschlager für die Gemeindewahl im Frühjahr 2015 abhanden gekommen. Wenn alles so kommt, wie versprochen wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2014)

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