15-Punkte-Friedensplan für die Ukraine

Einige der prominenten Teilnehmer von
Einige der prominenten Teilnehmer von "Future Business Ukraine"
  • Drucken

Die Konferenz Future Business Ukraine in der Wiener Hofburg war nicht nur hochkarätig besetzt. Aus den Diskussionen wurde ein detaillierter Maßnahmenkatalog zur Stabilisierung der Ukraine herausdestilliert.

Eine illustre Runde folgte dem Ruf von David Ungar-Klein, Geschäftsführer von Create Connections Networking & Lobbying, zum Kongress von Future Business Ukraine am Mittwoch in die Wiener Hofburg. Zwei ukrainische Ex-Präsidenten, Viktor Juschtschenko und Leonid Kutschma, kamen ebenso wie Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko, der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy oder Deutschlands Ex-Finanzminister Peer Steinbrück. Es war kein Sehen-und-Gesehen-Werden, es wurde nachgedacht über die Zukunft der Ukraine. Am Ende präsentierten Rainer Lindner und Karl-Georg Wellmann vom Deutsch-Ukrainischen Forum einen 15-Punkte-Friedensplan. Folgend Auszüge daraus:

1 Keine militärische Lösung

Der Konflikt im Osten und Süden der Ukraine kann nicht militärisch gelöst werden.

2 Politischer Ausweg

Alle Seiten brauchen einen politischen Ausweg aus dem Konflikt, der in eine dauerhafte und für alle vorteilhafte Lösung mündet.

3 Minsker Abkommen umsetzen

Waffenstillstandsvereinbarung von Minsk vom 5. September 2014 wird unter der Aufsicht der OSZE voll umgesetzt. Russland respektiert die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine. Dezentralisierung der Ukraine. Jede Unterstützung für Abspaltung von der Ukraine ist einzustellen. Ukrainische Regierung wendet sich gegen radikale Gruppen, die gegen russischsprachige Bevölkerung vorgehen. Ende des grenzüberschreitenden Transports von militärischem Gerät und Kämpfern. Die OSZE überwacht die Grenze. Ausländische Soldaten sind aus der Ukraine abzuziehen. Amnestie für illegale Kämpfer.

4 Aufbau durch Russland und EU

Zur Stabilisierung der Ukraine und zum Wiederaufbau der Infrastruktur sind gemeinsame Anstrengungen des Westens und Russlands erforderlich. Die Programme werden koordiniert. Russland erbringt adäquate Leistungen und hat als Kreditgeber gleiche Rechte wie die EU.

5 Stabilisierung der Region

Maßnahmen zur Stabilisierung der Region, etwa Neubelebung des Meseberg-Prozesses, den Deutschland und Russland zur Lösung der Transnistrien-Frage vereinbarten.

6 Kooperation mit EU und Russland

Die Ukraine benötigt für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung eine enge Zusammenarbeit mit beiden großen Wirtschaftsräumen – der EU und Russland. Es ist positiv, dass die EU-Kommission dazu einen Abstimmungsprozess mit der Eurasischen Wirtschaftskommission begonnen hat. Dies soll zum Abbau der Handelsschranken zwischen EU und Eurasischer Wirtschaftsunion führen.

7 Visafreier Verkehr in die EU

Möglichkeit des visafreien EU-Verkehrs für Russland und die Ukraine.

8 Gesondertes Krim-Abkommen

Der völkerrechtswidrige Zustand der Besetzung der Krim kann nur durch eine Vereinbarung zwischen der Ukraine und Russland überwunden werden, die international garantiert werden soll. Umfassender Grundrechtsschutz für alle auf der Krim lebenden Menschen, Freizügigkeit für Bürger mit russischer und mit ukrainischer Staatsangehörigkeit, Niederlassungsfreiheit, Recht auf freie unternehmerische Betätigung sowie ein umfassender Schutz von Investitionen und privaten Eigentums. Der Status der russischen Militärbasis Sewastopol ist festzustellen. Kiew versorgt die Krim uneingeschränkt mit Energie und Wasser und öffnet bestehende Straßenverbindungen.

9 Militärische Bündnisfreiheit

Die Ukraine bekräftigt den in ihrer ersten Verfassung von 1996 festgeschriebenen Grundsatz der militärischen Bündnisfreiheit und respektiert damit russische Sicherheitsbedürfnisse. Russland garantiert die Unverletzbarkeit der Grenzen der Ukraine unter Berücksichtigung einer konzertierten Sonderregelung für die Krim. Russland akzeptiert das Recht der Ukraine auf Assoziierung mit der EU.

10 Modernisierung der Gaspipelines

Die durch die Ukraine verlaufenden Gas-Transit-Pipelines sind in einer gemeinsamen Anstrengung der Ukraine, der EU und Russlands zu modernisieren. Der Betrieb könnte durch ein trilaterales Konsortium im Rahmen der Energiemarktregeln der EU erfolgen. Der Ende September in Berlin von der EU vorgelegte Plan zur Lösung des Gaskonflikts muss rasch implementiert werden. Dies wird durch stärkere finanzielle Unterstützung der EU für die Ukraine ermöglicht.

11 Joint Ventures mit dem Westen

Russisch-ukrainische Gemeinschaftsunternehmen streben trilaterale Kooperation mit westlichen Unternehmen an, um Know-how und Kapital zu akquirieren.

12 Stärkung der Rechte der Regionen

In der neuen ukrainischen Verfassung werden Regelungen zur Übertragung von Rechten auf die Regionen verankert. Die Verantwortlichkeit der Regionen ist zu stärken, Mechanismus für eigene Steuereinnahmen zu etablieren nebst Rechten im Bereich der Bildungs- und Kulturpolitik. Die russische Sprache muss gemäß Minderheitenrechten der EU geschützt und gefördert werden.

13 Aufhebung der Sanktionen

Die EU unterstützt den beschriebenen Friedensprozess durch eine etappenweise Aufhebung der Sanktionen gegen Russland, je nach erreichtem Fortschritt. In gleicher Weise nimmt Russland Handelsbeschränkungen gegen die EU und Nachbarländer zurück.

14 Gemeinsame Kommissionen

Die Ukraine und Russland institutionalisieren den Aussöhnungsprozess. Sie bilden eine Kommission für schwierige politische Fragen, ein Wirtschaftsforum, ein Jugendwerk und Plattformen für die Zivilgesellschaft und von Journalisten.

15 Projekt der EU und Russlands

Die Stabilisierung und Reformierung der Ukraine liegt im gemeinsamen Interesse der EU und Russlands.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

Ukraine in der wirtschaftlichen Sackgasse

Der Krieg hat der Wirtschaft einen harten Schlag versetzt. Doch auch ohne die Gefechte stünde das Land alles andere als gut da. Der Machtwechsel wurde nicht zum Aufbau eines neuen Wirtschaftsmodells genützt. Eine Bestandsaufnahme.
David Ungar-Klein organisierte "Future Business Ukraine"
International

"Gibt es Dialog, wird an Lösungen gearbeitet"

Wie David Ungar-Klein, Geschäftsführer von Create Connections und Initiator des Wiener Kongresses Com.sult, hochkarätige Gäste zur ersten Veranstaltung der Plattform "Future Business Ukraine" in die Hofburg lockte.
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko, Sachsens Ex-Ministerpräsident Georg Milbradt und Österreichs ehemaliger Kanzler Wolfgang Schüssel
International

"Können den Ukrainern die Entscheidung nicht abnehmen"

Wie kann das Land dezentralisiert werden, ohne seine Integrität zu gefährden? Tenor: Egal, was vereinbart wird, wichtig ist der politische Wille.
Der französische Philosoph Bernard-Henry Lévy und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko
International

Anreize finden für haltbaren Frieden

Zwischen der Ukraine und Russland muss es wieder zu einer Intensivierung der Kontakte kommen, befanden Experten. Auch weitere Reformen sind nötig.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.