Nowotny stimmte gegen Draghis Plan

European Central bank policymaker and head of the Austrian National Bank Nowotny addresses a news conference in Vienna
(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Bis zu einer Billion Euro will die EZB in die Hand nehmen, um riskante Wertpapiere aufzukaufen. Der Chef der Österreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny, stimmte dagegen.

Wien/Neapel. Zweimal im Jahr trifft sich der EZB-Rat außerhalb von Frankfurt. Am Rande der gestrigen EZB-Sitzung in der süditalienischen Stadt Neapel kam es zu Ausschreitungen. Vermummte Demonstranten bewarfen die Polizisten mit Steinen und Flaschen. Italienischen Medienberichten zufolge waren 2000 Sicherheitskräfte im Einsatz, um das Museo di Capodimonte, wo die EZB-Direktoren tagten, zu sichern. Aus Angst vor Krawallen waren Geschäfte in der Umgebung geschlossen.

Schon seit Längerem gibt es Kritik an den Reiseaktivitäten der EZB-Leute. Denn die Kosten für die EZB-Tagung in Neapel gehen in die Millionen. Hätten sich die Banker in Frankfurt getroffen, wäre der Aufwand geringer gewesen.

Interessant ist auch, was sich hinter den verschlossenen Türen abgespielt hat. Um der Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen, startet die EZB ein umstrittenes Ankaufprogramm von riskanten Wertpapieren. Dabei geht es um ein Volumen von bis zu einer Billion Euro. Dem Vernehmen nach will die EZB auch „Ramschpapiere“ von Griechenland und Zypern erwerben. Das Programm soll eine Laufzeit von zwei Jahren haben. Die Causa hat auch Auswirkungen auf Österreich. Denn über das Zentralbankensystem werden die Risken auf alle Euroländer verteilt. In Österreich ist die Nationalbank an der EZB beteiligt.

 

EZB wird Europas Bad Bank

„Presse“-Informationen zufolge stimmten zwei Notenbanker gegen einen Teil dieses Programms. Dabei handelte es sich um den Chef der deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, und den Chef der Österreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny. Sie wurden allerdings im EZB-Rat von den anderen Mitgliedern überstimmt. Das Verhalten von Nowotny ist eine Überraschung. Ökonomen begrüßten die Gegenstimmen von Nowotny und Weidmann. Vor allem Hans-Werner Sinn, Chef des deutschen IFO-Instituts, ist ein Gegner des geplanten Ankaufsprogramms. Die EZB werde damit zur „Bad Bank Europas“. Denn sie wolle offenbar „auch Schrott kaufen“. Die EZB erhöhe auf diese Weise „die Belastung für die Steuerzahler, wenn es Ausfälle gibt“, sagte Sinn.

Auch seien diese Käufe nicht durch das Mandat der EZB gedeckt, „denn es handelt sich dabei um eine fiskalische und keine geldpolitische Maßnahme“, so Sinn zu Reuters. Vielmehr werden die Finanzsysteme nahezu bankrotter Länder unterstützt. Sinn forderte die deutsche Regierung auf, gegen die EZB vorzugehen. „Und wenn sie es nicht tut, kann sie jeder Bürger vor dem Bundesverfassungsgericht verklagen, es zu tun.“

Konkret will die EZB den Banken Pfandbriefe und Kreditderivate (Asset Backed Securities, ABS) abkaufen. Mit ABS-Papieren können die Banken unter anderem ihre Kreditrisken bündeln, aus der Bilanz auslagern und abstoßen. Wenn die EZB nun diese Papiere übernimmt, sollen die Banken wieder mehr Geld für Unternehmenskredite zur Verfügung haben, hofft EZB-Chef Mario Draghi.

Ob das passieren wird, ist allerdings fraglich. Denn die Banken behaupten, dass derzeit die Kreditnachfrage gering sei. Viele Unternehmen halten sich wegen der unsicheren Lage – wie die Krise in Russland und in der Ukraine – mit Investitionen zurück. Nowotny und Weidmann sollen im EZB-Rat genau gegen dieses ABS-Programm gestimmt haben, heißt es.

ABS-Papiere waren auch im Zuge der Finanzkrise in Kritik geraten. Denn in den USA wurden in der Vergangenheit viele riskante Immobilienkredite in ABS-Strukturen verpackt. Den Käufern war das hohe Ausfallsrisiko allerdings nicht bewusst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2014)


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