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Islamgesetz: Aus für ausländische Imame

PK - 'ISLAMGESETZ' IM BUNDESKANZLERAMT: OSTERMAYER / KURZ
(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Künftig sollen von der Türkei gestellte Prediger nicht mehr in Österreich tätig sein dürfen. Ein „Einheitskoran“, wie zuletzt diskutiert, soll hingegen nicht kommen.

Wien. Imame in Österreich dürfen künftig nicht mehr aus dem Ausland finanziert werden. Das ist einer der kontroversielleren Punkte im Entwurf zum neuen Islamgesetz, den Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Kultusminister Josef Ostermayer (SPÖ) am Donnerstag vorstellten. Zugleich wurde bei der Präsentation auch das „Primat des Vorrangs des staatlichen Rechts vor religiösem Recht“ betont. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

•Ausländischer Einfluss. Geregelt ist im Entwurf, dass eine Islamische Religionsgesellschaft wirtschaftlich selbsterhaltungsfähig sein muss. Was auch bedeutet, dass es keine Finanzierung des laufenden Betriebs aus dem Ausland geben darf. Davon betroffen sind auch sogenannte lebende Subventionen, konkret die Imame, die das türkische Religionsamt Diyanet nach Österreich entsandt hat. Derzeit sind etwa 65 muslimische Prediger Angestellte des türkischen Staates. Geht das Gesetz wie im Entwurf vorgesehen, dürften sie im Rahmen dieses Dienstverhältnisses nicht mehr tätig sein. Damit geht Österreich auf Konfrontationskurs mit jenen Staaten, die Moscheen und Prediger finanzieren.


•Religiöse Lehren verbreiten. Künftig soll es nur mehr den anerkannten Religionsgesellschaften erlaubt sein, religiöse Lehren zu verbreiten. Für muslimische religiöse Vereine bedeutet das, dass sie entweder ihren Vereinszweck ändern müssen (etwa in Richtung sozialer Aufgaben) oder sich innerhalb von sechs Monaten auflösen müssen.


•Vorrang staatliches Recht. Lehre, Einrichtungen und Gebräuche dürfen nicht im Widerspruch zu gesetzlichen Regelungen stehen. Gleichzeitig ist auch vorgeschrieben, dass eine islamische Religionsgesellschaft eine positive Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft haben muss, es darf auch keine „gesetzwidrige Störung“ des Verhältnisses zu anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften bestehen. Gibt es hier Probleme, kann die Anerkennung auch wieder entzogen werden.


•Deutsche Sprache. Alle islamischen Gemeinschaften müssen ihre Lehren und Glaubensquellen in deutscher Sprache darlegen – von einer Einheitsübersetzung des Koran, die Integrationsminister Kurz noch kürzlich angeregt hat, ist allerdings keine Rede mehr.

•Beschneidung und Schächten. Bereits bekannt war, dass im Entwurf vorgesehen ist, dass „Kinder und Jugendliche durch alle traditionellen Bräuche“ geführt und „entsprechend den religiösen Geboten“ erzogen werden dürfen. Dadurch ist unter anderem die Beschneidung männlicher Muslime geregelt. Auch dürfen Fleischprodukte gemäß der „innerreligionsgesellschaftlichen Vorschriften“ organisiert werden – was in Richtung des Schächtens von Tieren geht.

•Abberufung von Funktionsträgern. Liegt eine strafrechtliche Verurteilung eines Funktionsträgers vor, die mehr als ein Jahr beträgt, oder ist die öffentliche Sicherheit gefährdet, ist eine Abberufung der betreffenden Person vorgesehen.

•Islamische Feiertage. Künftig sollen religiöse Feiertage religionsrechtlich (nicht arbeitsrechtlich) geschützt werden – wobei sich die Termine nach dem islamischen Kalender richten und die Tage mit Sonnenuntergang beginnen und mit Sonnenuntergang des folgenden Tages enden. An derart definierten Tagen sind nahe von Kultstätten oder Gotteshäusern keine Handlungen erlaubt, die eine Beeinträchtigung bedeuten könnten – so dürfte etwa an einem solchen Feiertag kein Rockkonzert vor einer Moschee veranstaltet werden.

•Betroffene Gemeinschaften. Die Regelungen des neuen Islamgesetzes gelten direkt für die zwei gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften – die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) und die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (Alevi) – und indirekt für die als Bekenntnisgemeinschaft eingetragene Islamisch-schiitische Glaubensgemeinschaft (Schia).

•Weiterer Ablauf. Der Entwurf wird zur Begutachtung ausgeschickt, bis 7.November können noch Ergänzungen und Änderungen angeregt werden. In Kraft treten soll das neue Islamgesetz Anfang 2015.

REAKTIONEN

IGGiÖ. Der Entwurf wird begrüßt, aber einige Punkte seien in den Verhandlungen kein Thema gewesen. Der frühere Integrationsbeauftragte Omar al-Rawi sieht einige Moscheen und den islamischen Friedhof bedroht, sollte es tatsächlich keine Zuwendungen mehr aus dem Ausland geben dürfen.

Aleviten. Fast alle von den Aleviten geforderten Punkte seien enthalten, aber es gebe ein paar Kleinigkeiten, die man nachverhandeln müsse.

Grüne. Ein Passus wäre notwendig, wonach der Religionsunterricht nicht im Widerspruch zu den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung stehen dürfe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2014)