Russland: Putin selbst prüft ausländische Investitionen

Eine neue Kommission soll den Schutz strategischer Branchen in Russland vor ausländischem Zugriff sichern.

Moskau. Wenn Ausländer künftig in Russlands strategische Branchen investieren wollen, werden sie von Wladimir Putin selbst begutachtet. Der russische Premierminister wird Chef jener Regierungskommission, die den Strom ausländischer Investitionen kontrolliert und auf Unbedenklichkeit für die nationale Sicherheit prüft. Am Montag hat Putin die Ministerien beauftragt, Kandidaten für die Kommission aufzustellen.

Die Kommission ist das Ausführungsorgan eines Anfang Mai unterzeichneten Gesetzes über den Schutz strategischer Branchen vor ausländischem Zugriff. 42 Wirtschaftssektoren werden damit geschützt, darunter die Rohstoffförderung, der Atomsektor oder die Rüstungsindustrie. Will ein Auslandsinvestor über 50 Prozent an einem solchen Unternehmen erwerben, muss er die Regierungskommission durchlaufen. Sollte der ausländische Investor selbst staatlich kontrolliert sein, gelten verschärfte Regeln. In diesem Fall muss er bereits ab der Schwelle von 25 Prozent eine Beteiligung an einem russischen Unternehmen zur Prüfung anmelden. Noch strenger ist das neue Gesetz bei Investitionen in den Rohstoffsektor. Das Gesetz würde Investitionen nicht verbieten, betonte Putin. Vielmehr würde es „maximal transparente und verständliche Prozeduren für Investoren“ schaffen. Das stimmt zum Teil. In der Tat wurde in den letzten Jahren bemängelt, dass die Regeln unklar sind. Auch seitens der Ausländer wurde der Ruf nach einem nachvollziehbaren Regelwerk laut.

Dass Russland aber „ausländische Investitionen begrüßt“, wie dies Putin behauptet, war in den letzten Jahren weniger offensichtlich. Mit der Renationalisierung in den Schlüsselsektoren ging auch eine Verdrängung westlicher Rohstoffkonzerne aus mehreren Großprojekten einher.

West und Ost schotten sich ab

Den wahren Hintergrund für das russische Gesetz hatte Putin selbst schon zuvor durchsickern lassen: „Wenn man beobachtet, dass in einigen Ländern ausländische Investitionen in strategische Branchen beschränkt werden, so sind auch wir unsererseits gezwungen, in entsprechender Weise zu reagieren“.

Putins Sager, das Gesetz schaffe Klarheit, hieße im Klartext, dass der Westen, sofern er in Russland investieren will, seine Vorbehalte gegenüber russischem Geld im Ausland ändern solle, meint die Internetzeitung Gazeta.ru. In der Tat sucht Russland die westliche Welt zu überzeugen, die Tore für Investitionen aus dem Nationalen Wohlfahrtsfonds zu öffnen. 32,7 Mrd. Dollar daraus will Russland im Ausland derzeit anlegen, mit der Zeit dürfte es ein Vielfaches sein. Russland betont, es gehe um rein kommerzielle und keine politischen Interessen. Das will der Westen nicht glauben und schließt daher seine Tore.

Dass Russland gleich reagiert, könnte seiner Wirtschaftsentwicklung nicht zuträglich sein. Die Nachrichtenagentur „Finmarket“ bringt Beispiele, wie das junge russische Gesetz der russischen Wirtschaft bereits geschadet hat. So etwa sei ein Deal der zweitgrößten Ölgesellschaft mit westlichen Kooperationspartnern verschoben worden. Finanzminister Alexej Kudrin zweifelt daran, dass die Branchenliste so ausführlich bleiben wird. Man müsse mal sehen, wie es funktioniert: „Vielleicht kürzen wir sie“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2008)

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