Ärzte: Reduzierung der Arbeitszeit sorgt für Unruhe

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Ab 2021 dürfen Ärzte nur noch maximal 48 Stunden pro Woche arbeiten. Die Betroffenen wehren sich gegen mögliche Einkommensverluste.

Wien. Das geplante neue Arbeitszeitgesetz für Spitalsärzte sorgt in den meisten Bundesländern für Unruhe. Die ab 2015 beginnende schrittweise Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von derzeit bis zu 72 auf maximal 48 Stunden bis 2021 bedeutet in den Ländern Verhandlungen zwischen Spitalsbetreibern und Ärzten und vielfach die Anstellung zusätzlicher Mediziner. Die größten Probleme drohen in Kärnten.

Ab kommendem Jahr können Ärzte nur noch mit ihrer schriftlichen Zustimmung (Opt-out) länger als durchschnittlich 48 Stunden pro Woche arbeiten. Stimmen die Ärzte zu, dann beträgt die wöchentliche Arbeitszeit ab 2015 bis zu 60 Stunden, ab 2018 bis zu 55 Stunden. Ab Mitte 2021 ist dann kein Opt-out mehr möglich und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf 48 Stunden nicht überschreiten.

In Kärnten wurde bereits eine erste Verhandlungsrunde absolviert, die Ärzte haben schon Betriebsversammlungen abgehalten. Sie fordern eine Erhöhung des Grundgehalts und wollen so viel, wie sie derzeit bei 60 Wochenstunden verdienen, schon bei 48 Stunden bekommen. Dafür müssten die Grundgehälter um 25 bis 30 Prozent steigen. Das würde das Landesbudget mit zusätzlichen 30 Millionen Euro für die Kabeg belasten. Sollten in den kommenden Wochen keine wesentlichen Verhandlungsfortschritte erzielt werden, drohen die Kärntner Ärzte, bereits ab 1. Jänner nur mehr 48 Stunden zu arbeiten.

Neues Arbeitszeitmodell

Auch in Wien haben die Verhandlungen mit den Ärztevertretern zu einem neuen Arbeitszeitmodell bereits begonnen – das effizienter als das bisherige sein soll, wie beim Krankenanstaltenverbund (KAV) betont wurde. Geplant seien weniger Bereitschaften, dafür mehr Tagesdienste. Damit könne auch mehr Zeit bei den Patienten verbracht werden, so eine KAV-Sprecherin. Man gehe davon aus, dass die Kosten nicht steigen und es auch keine Mehrbelastung für das Personal gebe. Die Umsetzung soll, so hieß es, noch vor den vorgegebenen Fristen erfolgen.

In Salzburg haben die Ärzte der Landeskliniken in der vergangenen Woche bei einer Informationsveranstaltung eine interne Befragung vereinbart. Dabei werde die Frage gestellt, ob die Ärzteschaft bereit ist, mit dem Dienstgeber eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, mit der sich die Mediziner grundsätzlich bereit erklären, länger als 48 Stunden pro Woche zu arbeiten, sagte Ärztekammer-Präsident Karl Forstner.

Außerdem werden dem Dienstgeber Bedingungen gestellt: Zum einen dürfe es zu keinen Einkommensverlusten kommen, zum anderen müsse der Dienstgeber die Zusage abgeben, mit den Ärzten über ein marktgerechtes Gehaltsschema zu verhandeln. „Nach einem halben Jahr läuft die Betriebsvereinbarung aus. Dann folgt die Prüfung, ob die Bedingungen eingehalten wurden“, sagte Forstner. Als Hauptproblem nennt er die Arbeitsbedingungen der Ärzte.

Auch für Vorarlberg ist die Neuregelung eine „Riesenherausforderung, daran werden wir zu knabbern haben“, wie Gesundheitsreferent Christian Bernhard (ÖVP) erklärte. Die Stimmung ist seiner Einschätzung nach aber „nicht schlecht“, Vorkommnisse wie in Kärnten erwartet er nicht. In Verhandlungen mit der Ärztekammer will er den „Spagat zwischen Stundenkürzungen und Beibehaltung der Gehälter“ möglichst gut schaffen.

In der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft Kages rechnet man mit mindestens 400 bis 450 zusätzlichen Ärztestellen bis 2021, „für den Fall, dass die aktuellen Diensträder und Strukturen aufrecht erhalten bleiben“. Zurzeit laufen Gespräche mit jedem Haus über den jeweiligen Mehrbedarf, so Kages-Sprecher Reinhard Marczik. Um die Mediziner zur Opt-out-Variante zu bewegen, werde seit Sommer 2013 das „Lebensphasenorientierte Attraktivitätsmodell“ erarbeitet: In mehreren Teilprojekten seien Modelle von der Entlastung der ärztlichen Tätigkeit von Organisations- und Verwaltungsaufgaben, über die Evaluierung der Arbeitsbelastung in Journaldiensten bis zur Gehaltssituation erarbeitet worden. Sie werden zurzeit noch diskutiert und sollen in den nächsten Wochen zum Abschluss gebracht werden.

Im Burgenland würde man durch die Reduzierung der Ärzte-Arbeitszeit im Bereich der Krages „im schlimmsten Fall“ etwa 60 Ärzte mehr benötigen, „wenn wir so weitertun, wie wir es heute gewohnt sind“, so Krages-Geschäftsführer Rene Martin Schnedl. Dies würde Kosten von vier bis fünf Millionen Euro bedeuten. Es werde jedoch bereits an einem Reorganisationskonzept gearbeitet. Er hoffe, dass man letztlich nur ein Drittel davon, somit rund 20 Stellen, zusätzlich benötige. Derzeit sind in den Krages-Spitälern mehr als 300 Ärzte beschäftigt.

Zeichen stehen auf Abwarten

In Oberösterreich stehen die Zeichen vorerst auf Abwarten. Beim Spitalsbetreiber Gespag gab es zu Plänen, wie man das Gesetz umsetzen wird, noch keine Auskunft. Es hieß lediglich: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran.“

Kein Kopfzerbrechen bereitet die Arbeitszeitreduktion offenbar den Betreibern in Tirol und Niederösterreich. In beiden Bundesländern werde jetzt schon im Schnitt 48 Wochenstunden gearbeitet. Teilweise liege die Arbeitszeit sogar darunter. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2014)

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