Pflege-Reform "verschlägt Behinderten den Atem"

Pflege: SP-Volksanwalt Kräuter kritisiert Hundstorfer
Pflege: SP-Volksanwalt Kräuter kritisiert Hundstorfer APA/GEORG HOCHMUTH
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Sozialminister Hundstofer erntet Kritik für sein Vorhaben, den Zugang zum Pflegegeld einzuschränken.

Die Pflegegeld-Pläne von SP-Sozialminister Rudolf Hundstorfer sorgen für Kritik. Sein Parteikollege, Volksanwalt Günther Kräuter, findet es unverständlich, dass der Zugang schon 2015 eingeschränkt werden soll, die Anhebung des Pflegegeldes aber erst 2016 kommt. "Genau umgekehrt muss die Formel lauten, Valorisierung jetzt, Stufenanpassung später", fordert Kräuter. "Es kann nicht sein, dass Menschen, die im Jahr 2015 entweder 60 oder 85 Stunden Pflege benötigen, die künftige Anpassung des Pflegegeldes mitfinanzieren müssen."

Außerdem fordert Kräuter die Untersuchung der sozialpolitischen Folgen der geplanten Einschränkung des Zugangs zu den Pflegestufen 1 und 2. "Rein fiskalische Argumente" greifen für ihn zu kurz: "Die Betroffenen warten nun seit dem Jahr 2009 auf eine Erhöhung, dies nun mit einer Verschärfung und Vertröstung zu quittieren ist aus Sicht der Volksanwaltschaft abzulehnen."

Hundstorfer will den Zugang zu den unteren Pflegestufen 1 und 2 für Neuzugänge ab 2015 einschränken. Reicht derzeit ein Pflegebedarf von 60 Stunden monatlich zum Bezug des Pflegegeldes der Stufe 1 (154,20 Euro monatlich), sollen es künftig über 65 Stunden sein. Noch deutlicher fällt die Verschärfung bei der Stufe 2 (284,30 Euro) aus, für die künftig mehr als 95 statt bisher 85 Stunden Betreuungsbedarf nachgewiesen werden müssen. Ab 2016 wird das Pflegegeld dann um zwei Prozent erhöht.

"Daumenschrauben werden angezogen"

Kritik kommt auch vom Dachverband der Behindertenorganisationen. Hundstorfers Plan "verschlägt Menschen mit Behinderungen den Atem", meint Klaus Voget von der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR). Immerhin seien die Zugangskriterien für die Pflegestufen 1 und 2 schon 2011 erschwert worden: Jetzt werden die Daumenschrauben noch mehr angezogen." Auf eine deutlich stärkere Anhebung des Pflegegeldes pocht indessen die Caritas. "Die Erhöhung des Pflegegeldes ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber angesichts des Wertverlustes von rund 30 Prozent viel zu niedrig", so Generalsekretär Bernd Wachter.

Auch die Opposition lehnt die Vorschläge des Sozialministers ab. Die FPÖ fordert Einsparungen im Gesundheitswesen und eine Umschichtung der freiwerdenden Mittel in die Pflege. Die Grünen lehnen die geplanten Einschnitte bei den Pflegestufen 1 und 2 rundweg ab. Die Neos vermissen ein langfristiges Pflegekonzept. Und das Team Stronach will eine gesetzliche Pflegeversicherung.

Hundstorfer: "Dämpfungsmaßnahmen" nötig

Hundstorfer verteidigt seine Pläne. Niemandem werde etwas "weggenommen". Das System in Österreich funktioniere, aber von Zeit zu Zeit seien eben "Dämpfungsmaßnahmen" nötig.

"Wir werden 2015 trotzdem mehr Menschen im Pflegesystem haben", so Hundstorfer - aber eben nur 65.000 statt 71.000. Es gebe einen "enormen Anstieg" bei der 24-Stunden-Pflege, deshalb müsse bei den unteren Pflegegeldstufen justiert werden. Angesprochen auf Kräuters Kritik meinte Hundstorfer nur: "Das ist sein Problem, nicht meins." Nachsatz: "Das hab' ich ihm auch schon gesagt."

(APA/Red.)

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