Die Tschechin Vera Jourova bekam grünes Licht. Ablehnung gibt es weiterhin für die geplante Kommissionsvizepräsidentin Alenka Bratusek aus Slowenien.
Der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will sich nicht an Spekulationen an einem möglichen Umbau seines Teams wegen des Widerstands im Europaparlament beteiligen. Juncker habe keinen Plan B, betonte seine Sprecherin am Dienstag in Brüssel. Besonders unter Beschuss stand die Slowenin Alenka Bratusek, die Montagnachmittag im Hearing die Abgeordneten nicht überzeugen konnte.
Während der als ehemaliger Finanzlobbyist kritisierte Brite Jonathan Hill am Dienstagnachmittag sein zweites Hearing absolvierte, gab es grünes Licht für die Tschechin Vera Jourova, die ebenfalls als Wackelkandidatin gegolten hatte. Alle vier zuständigen Ausschüsse stimmten am Dienstag ihrer Nominierung als Justizkommissarin zu, nachdem sie die ihr gestellten schriftlichen Fragen offenbar zur Zufriedenheit beantwortet hatte.
Skepsis gegen Bratusek
Bratusek dürfte nicht so glimpflich davon kommen. Der Chef des Umweltausschusses im Europaparlament, Giovanni La Via, sagte am Dienstag dem Internetportal "viEUws", dass sein Ausschuss mehrheitlich gegen die als Kommissions-Vizepräsidentin für die Energieunion vorgesehene Ex-Ministerpräsidentin stimmen werde. Bratusek habe "einige ernste Fehler" im Hearing gemacht. Keine Fraktion unterstütze Bratusek, sagte er in Hinblick auf die Ausschussabstimmung am morgigen Mittwoch.
Die Grüne Vizepräsidentin des Europaparlaments, Ulrike Lunacek, hatte zuvor im Ö1-Morgenjournal die Ablehnung mehrerer Kandidaten gefordert. Sie forderte ein "klares Nein" zum Spanier Miguel Arias Canete, dem Ungarn Tibor Navracsics und der Slowenin Bratusek, die "leider überhaupt nicht überzeugt" habe. Zu Hill sagte sie, mit ihm werde der "Bock zum Gärtner gemacht". Skeptisch äußerte sie sich zur angedachten Lösung, den umstrittenen Kandidaten andere Ressorts zuzuteilen.
Ein weiterer Wackelkandidat ist der als Budgetkommissar vorgesehene frühere französische Finanzminister Pierre Moscovici, dem die mangelnde Budgetdisziplin der Regierung in Paris vorgehalten wird. Der künftige Vizepräsident für Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerb, Jyrki Katainen, der am Dienstagvormittag sein Hearing absolvierte, stellte sich hinter Hill und Moscovici, mit denen er ein Team bilden will. "Wir müssen die Verschuldung senken, um Wachstum zu bekommen. Wir müssen Wachstum erzeugen, um Schulden zu reduzieren. Das hat Moscovici vergangene Woche gesagt, und ich bin voll einverstanden mit ihm", betonte Katainen.
Juncker trifft Faktionschefs
Juncker will am morgigen Mittwoch mit den Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen zusammentreffen, um über die aufgetretenen "Hindernisse" zu sprechen, sagte die Sprecherin des Kommissionspräsidenten. Konkret nannte sie Schwierigkeiten mit Navracsics. Außerdem gebe es mit der Finanzerklärung des für den EU-Energiekommissar vorgesehenen spanischen Kandidaten Canete Hindernisse zu überwinden. Juncker warte aber die am Dienstag zu Ende gehenden Hearings ab. Als letzter Kandidat sollte Dienstagnachmittag Junckers rechte Hand, der Erste Vizepräsident Frans Timmermans, vor den Abgeordneten sprechen.
Gerüchte, wonach Juncker im Fall Bratusek bereits Kontakt mit der slowenischen Regierung aufgenommen habe, dementierte die Sprecherin. "Absolut nicht. Juncker spricht mit dem EU-Parlament. Er schaut sich nicht nach irgendeinem Plan B zum gegenwärtigen Zeitpunkt um." Bratusek gilt als besonders gefährdet, weil sie als Angehörige der Liberalen keinen politischen Rückhalt in einer der beiden großen Fraktionen im Europaparlament hat und sich auch die neue slowenische Regierung öffentlich von ihr distanziert hat.
Bratusek hatte sich als scheidende Regierungschefin gegen den Willen ihres Nachfolgers Miro Cerar für den Posten vorgeschlagen, in einem Dreiervorschlag mit Außenminister Karl Erjavec und der sozialdemokratischen EU-Abgeordneten Tanja Fajon. Juncker hatte Bratusek trotz der Einwände Cerars aus diesem Dreiervorschlag ausgewählt und ihr den prestigereichen Posten der Vizepräsidentin zugedacht.
(APA)