Kritik: Islamgesetz macht Muslime zu „Bürgern zweiter Klasse“

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Muslime als "Bürger zweiter Klasse"? Das Bild zeigt das Minarett der Moschee in SaalfeldenBarbara Gindl
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Die Muslimische Jugend Österreichs empört sich über den Gesetzesentwurf. Im schlimmsten Fall riskiere die Republik, dass sich Vereine auflösen und im „religiösen Untergrund“ weiter arbeiten.

Wien. Die Muslimische Jugend Österreichs (MJÖ) hat am Mittwoch den vorliegenden Entwurf für ein neues Islamgesetz scharf kritisiert. Die Organisation fordert die Überarbeitung des Textes und beklagt vor allem die "Ungleichbehandlung" gegenüber anderen Religionsgemeinschaften. Der Gesetzesentwurf degradiere Muslime zu "Bürgern zweiter Klasse", so der Vorwurf.

Vorstandsmitglied Dudu Kücükgöl sprach angesichts des Entwurfs von einer "großen Empörung" der Muslimischen Jugend. Sollte das Gesetz in der vorliegenden Fassung beschlossen werden, so könnte dies dazu führen, dass die muslimischen Vereine sich auflösen und die religiöse Arbeit im Untergrund weitergehe - und damit nicht mehr kontrollierbar wäre, was "uns nicht recht ist", sagte sie.

"Mainstream unter Staatsaufsicht"

Die MJÖ sieht den Entwurf als Versuch, "den breiten Mainstream der Muslime entweder unter Staatsaufsicht zu stellen, oder ihn in möglichst viele schwache und damit bedeutungslose Gruppen aufzuspalten". Dies würde die Vielfalt des muslimischen Vereinslebens zerstören, sagte Vorstandsmitglied Jonas Elhalawany.

Den Vereinen, die sich der Pflege der islamischen Lehre widmen, würden nur mehr die Option bleiben, sich aufzulösen und sich komplett der islamischen Glaubensgemeinschaft unterzuordnen - oder sich gänzlich von der Religionspflege zu "verabschieden", so Elhalawany. Damit würde der Staat riskieren, dass einige Verbände im "religiösen Untergrund" arbeiten.

Muslime unter Generalverdacht?

Außerdem kritisierte Elhawany, dass der Entwurf Muslime unter einen "Generalverdacht" stellen würde - das würde vor allem junge Muslime "entfremden". Es sei "selbstverständlich", dass man den gesetzlichen Vorgaben folgen müsse. Wenn dies aber im Islamgesetz zwei bis dreimal betont werde, komme dies einem Generalverdacht gleich, so Elhawany. Damit bedeute der Entwurf auch eine "Ablehnung der muslimischen Identität". Für Radikale wie die "Mörderbande IS" sei dies eine "Unterstützung in ihrer Argumentation", sagte er.

Scharfe Kritik übte die MJÖ auch an den geplanten Regelungen hinsichtlich eines islamisch-theologischen Studiums: Dass die Glaubensgemeinschaft hier zu den Bestellungen der Lehrenden nur eine Stellungnahme abgeben darf, ist der MJÖ zu wenig. Im Gegensatz zum Protestantengesetz werde nicht festgelegt, dass Lehrkörper der muslimischen Glaubensgemeinschaft angehören müssen. So könnte nicht-muslimisches Lehrpersonal zukünftige Imame ausbilden, so die Befürchtung der MJÖ.

Auch die Bestimmung, wonach eine Finanzierung muslimischer Vereine und Moscheen aus dem Ausland untersagt werden soll, sieht die MJÖ als "Diskriminierung par excellence". Denn dies würde ebenfalls eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Religionsgemeinschaften darstellen, erklärte Kücükgöl.

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