Suizidbeihilfe: Verein wartet auf Urteil

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Laizisten-Aktivisten wollen Recht auf assistierten Suizid durchsetzen. Die Entscheidung des Gerichts wird schriftlich ergehen, ein Ja ist aber eher unwahrscheinlich.

Wien. Darf es in Österreich einen Verein geben, der schwerkranke Menschen beim Suizid unterstützt? Die Frage wurde gestern, Mittwoch, im Wiener Verwaltungsgericht verhandelt. Eine Antwort steht aus. Die Entscheidung des Gerichts wird schriftlich ergehen, ein Ja ist aber eher unwahrscheinlich.

Begonnen hat die Geschichte im Jänner: Proponenten aus dem Umfeld der Initiative Religion ist Privatsache meldeten bei der Polizeidirektion Wien die Gründung des Vereins Letzte Hilfe, was ihnen aber nicht gestattet wurde. Denn Beihilfe zum Suizid (§78 StGB) wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Gegen den Bescheid erhoben die Laizisten-Aktivisten Eytan Reif und Astrophysiker Heinz Oberhummer Beschwerde.

Und landeten bei Richter Marcus Osterauer. Dieser bemühte sich abzuklopfen, was der Verein vorhat. Laut Statuten will man „mündigen Mitgliedern, die an einer unheilbaren, schweren Krankheit leiden, schwer behindert sind bzw. mit einer schweren Behinderung zu rechnen haben oder unerträglichen Schmerzen ausgesetzt sind, auf ihren expliziten Wunsch beratend bezüglich eines Freitodes zur Seite stehen“ bzw. „allein oder mit anderen Organisationen im In- und Ausland behilflich sein, ein Sterben in Würde zu ermöglichen“.

„Ergebnisoffene Beratung“

Reif präzisierte die meisten Details, etwa, dass zwar psychische Krankheiten, aber keine temporären Lebenskrisen umfasst seien. Die Krankheit müsse nicht zum Tod führen, aber den Patienten sehr einschränken. Im Einzelfall würde ein medizinisches Gutachten klären, ob die Krankheit und die Schmerzen behandelbar wären. Die Suizidwilligen müssten zurechnungsfähig sein und frei von Zwang ihren Wunsch äußern. Die Beratung selbst sei „ergebnisoffen“.

„Würden Sie auch über die Art des Suizids beraten?“, fragte der Richter. Derzeit würde man die Einnahme des Schlafmittels Natriumpentobarbital empfehlen, sagte Reif, aber der Arzt würde die Verschreibung wohl ablehnen. Alternativ würde man Betroffene über Optionen im Ausland informieren oder sie dorthin begleiten. Für Reif übernimmt der Verein damit eine Pflicht des Staates: Er verhindere gewaltsame Selbstmorde bzw. -versuche.

Wobei klar ist: Die Aktivisten wollen nicht gegen das aktuelle Gesetz verstoßen, sondern es ändern. §78 StGB sei verfassungswidrig, weil er nicht nach den Umständen differenziere, weil er gegen Art.8 MRK (Achtung des Privatlebens) verstoße und weil der Suizid selbst straffrei sei, so Reif. Tatsächlich geht es bei dem Vereinsverfahren wohl vor allem darum, das Thema vor den Verfassungsgerichtshof bringen – zumal die parlamentarische Enquetekommission zum Lebensende das Thema ausgespart habe, wie Reif klagt. Verfassungsjurist Heinz-Christian Funk hält Reifs Vorhaben „nicht für sehr aussichtsreich“, wiewohl für „prüfenswert“. Wobei manche Juristen meinen, es sei primär gar keine Rechts-, sondern eine politische Frage. Reif will notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen. Bisher fehlt ein EGMR-Grundsatzurteil. (uw)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2014)

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