Neustart kostet AUA 100 Millionen

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Mit dem neuen Kollektivvertrag für 3200 Piloten und Flugbegleiter ist die drohende Schrumpfung mit Personalabbau vom Tisch. Sonderabfertigungen sind fällig.

Wien. Die Geröllhalde, die AUA-Boss Jaan Albrecht vom Herzen gefallen ist, war förmlich zu hören. Nach einem zwei Jahre dauernden Streit und heftigem Schlagabtausch mit dem Bordbetriebsrat ist in der Nacht von Montag auf Dienstag das Unmögliche doch noch gelungen: Arbeitgeber und -nehmer haben sich auf die Eckpunkte eines neuen Konzern-Kollektivvertrags (KV) für 900 Piloten und 2300 Flugbegleiter geeinigt. Er tritt am 1.Dezember in Kraft.

Damit ist der Weg zu einer „AUA neu“ als Qualitäts-Airline frei, sagte Albrecht am Mittwoch. Sämtliche horrible Alternativszenarien, die für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen kolportiert worden waren, wie etwa die Schrumpfung auf eine Regionallinie ohne Langstrecke, seien daher in der Sonderaufsichtsratssitzung am Dienstagabend nicht diskutiert worden, so Albrecht. „Das ist die beste aller Varianten, wir konnten so den Umbau vermeiden.“ Lufthansa-Boss Carsten Spohr, der dem AUA-Kontrollgremium nicht angehört, habe ihm versichert, dass er hinter dem Kurs der AUA stehe.

Möglich ist der Neuanfang auch, weil Bordbetriebsrat und Gewerkschaft zugesagt haben, die anhängigen Klagen zurückzuziehen. Dabei ging es um den von Albrecht 2012 aufgekündigten alten Bord-KV und den damals eingeleiteten zwangsweisen Betriebsübergang des Flugbetriebs auf die Regionaltochter Tyrolean. Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich mit seinem Urteil, dass der alte Bord-KV nachwirkt, solange kein neuer KV abgeschlossen ist, den Druck erhöht.

Hart, aber fair

„Wir haben massive Zugeständnisse gemacht“, sagte Bordbetriebsratschef Karl Minhard zur „Presse“. Das sei angesichts der schrecklichen Alternativen wie etwa Änderungskündigungen auch in Ordnung. Letztlich hätten beide Seiten das Maximum versucht, um den Pakt zu realisieren. Rosen streut Minhard seinem Gegenüber, Tyrolean-Geschäftsführer Klaus Froese: Er habe hart, aber fair und kompetent verhandelt. Auch die Mediatoren seien sehr hilfreich gewesen.

Die Stoßrichtung des neuen KV, dessen Details erst festgelegt werden, ist klar: Die Personalkosten sinken und die Produktivität steigt, was die Wettbewerbsfähigkeit erhöht, so Albrecht. Ohne Zahlen zu nennen, meinte der AUA-Chef, dass der KV-Abschluss über jenem kürzlich beim Konkurrenten Niki abgeschlossenen liege. Innerhalb des Lufthansa-Konzerns sei man „sehr gut aufgestellt“. Dass der neue Kollektivvertrag im Vergleich zum alten AUA-Gehaltsschema „mehr Arbeit für weniger Geld“ bedeute, wollte Albrecht so nicht sagen.

Der neue KV umfasst sowohl ein neues Gehaltsschema, eine neue Pensionsregelung (von der alten leistungsorientierten zu einer beitragsorientierten Betriebspension), neue Arbeitszeiten und neue Karrieremodelle. Das Einsparpotenzial wollte Albrecht noch nicht beziffern.

Grundsätzlich wird die Überführung des fliegenden Personals der AUA in die Tochter Tyrolean wieder rückgängig gemacht. Ab 1.März 2015 wird das gesamte Bordpersonal wieder zur AUA gehören. Ob damit die Tyrolean samt dem Namen zur Gänze Geschichte wird, wollte Albrecht nicht sagen. Daran werde noch gearbeitet, lautete die vage Antwort. Als zweiter Schritt, so Finanzchef Heinz Lachinger, werde die gesellschaftsrechtliche Fusion der Tyrolean in die AUA angepeilt.

Positives Betriebsergebnis erwartet

Der Knackpunkt sind nun die Sonderabfertigungszahlungen, die durch die Konzentration des Flugbetriebs in der AUA fällig werden. Dabei spielen die einst hohen Abfertigungen (für Piloten bis zu 39 Monatsgehälter) eine Schlüsselrolle. Die Höhe wurde nicht beziffert. Wie „Die Presse“ erfuhr, soll es sich um einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag handeln, als gut 100 Mio. Euro. Die AUA hat bereits zu Jahresmitte Rückstellungen gebildet. „Wir können das Volumen aus eigener Kraft stemmen“, meinte Lachinger dazu.

Trotz der hohen Belastungen bleibt die AUA-Führung bei ihrer zu Jahresmitte gemachten Prognose eines positiven Betriebsergebnisses im Gesamtjahr. „Rot sollen künftig nur mehr die Uniformen sein“, lautet der entsprechende Tenor.

Mit der nun gegebenen Rechtssicherheit könne die AUA auch ihre Zukunftspläne umsetzen, meinte Albrecht. Diese umfassen die schon angekündigte Erneuerung der veralteten Fokker-Mittelstreckenflotte, ein neues Europakonzept, den Ausbau des Flugnetzes auf der Langstrecke und möglicherweise einen neuen Markenauftritt. Die dafür notwendige Milliarde Euro werde die AUA selbst stemmen, wie Lachinger betonte. Allerdings zum Teil über Kredite, wozu man die guten Konditionen der Mutter Lufthansa nützen werde. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2014)

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