Burg: Stantejsky berichtet von einem merkwürdigen Angebot

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"Ich war wie vor den Kopf gestoßen", erklärte die ehemalige Geschäftsführerin des Burgtheaters Silvia Stantejsky am Mittwoch vor dem Arbeitsgericht. Burg-Anwalt Hainz befragte sie zu unklaren Überweisungen. Ihre Aussagen stehen gegen jene des beklagten Burgtheaters.

Deutlich kontroversieller als am Montag verläuft die dritte Tagsatzung im Prozess Silvia Stantejsky gegen die Burg. Gleich zu Beginn sagen die Anwältinnen der Klägerin, der Aufsichtsrat und die Bundestheater-Holding seien von ihrer Mandantin ausführlich schriftlich und mündlich über die schwierige Liquiditätssituation der Burg informiert worden. Auch dass es unrealistisch sei, jährlich 750.000 Euro einzusparen, habe sie immer wieder gesagt. „Stimmt nicht“, widerspricht der Anwalt der Burg, Bernhard Hainz.

In mehreren Aufsichtsratssitzungen hätte Stantejsky euphorisch von den Erfolgen der Einsparungen erzählt. Sie habe also, so sein Schluss, den Aufsichtsrat bewusst falsch informiert, was an sich ein Entlassungsgrund sei. Auch ein anderer frappanter Unterschied in der Wahrnehmung tut sich auf: Während Stantejsky behauptet, auch nach ihrer Suspendierung am 12.11.2013 nicht nur am Jahresabschluss 2012/13, sondern eifrig auch an ihren anderen Agenden weitergearbeitet zu haben – und zwar „mit vollem Wissen der Geschäftsführung“ –, behaupten die Anwälte der Burg, sie habe sich immer nur eigenmächtig im Haus aufgehalten. Nur einmal habe Thomas Königstorfer, Stantejskys Nachfolger, sie im Büro ihres Vertrauten Hans Peter Prusa, dem Leiter des Facility Managements, vorgefunden und sie sofort des Hauses verwiesen. „Jeder im Burgtheater wusste, dass ich arbeite, das wurde sogar von mir erwartet“, entgegnet Stantejsky: „Mir wurde von allen vermittelt, bei meiner Suspendierung handle es sich um eine reine Formsache, die ohnehin wieder aufgehoben wird, sobald alles geklärt ist.“ Die Ergebnisse ihrer Arbeit hat Stantejsky angeblich auch den zuständigen Abteilungen geschickt.

„Wer hätte sich ausgekannt?“

Deutlich unangenehmer als bei der letzten Verhandlung wird es für die Klägerin, als der gegnerische Anwalt beginnt, sie in die Mangel zu nehmen. Fast eine Stunde geht es dann um den eigentlichen Entlassungsgrund: Stantejsky hatte sich 9000 Euro auf ihr Privatkonto überwiesen, um eine Akonto-Zahlung von 10.000 Euro aus dem Jahr 2009 an den damaligen Leiter des Facility Managements Erich Skrobanek auszugleichen.

Diese Zahlung hat sie aus privater Tasche berappt, erklärt sie. Ein Blick auf die Einzahlungsbestätigung belegt diese Angabe jedoch nicht. Weder ist ersichtlich, dass es Stantejsky war, die das Geld eingezahlt hat, als Einzahler wird nämlich Prusa ausgewiesen, noch dass es sich um eine Akontozahlung handelt. Als Grund für die Einzahlung in die Kassa des Burgtheaters wird nämlich „Rückzahlung Facility Management“ genannt. „Und finden Sie, dass dieser Vorgang den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht? Hätte Sie der Blitz erschlagen, hätte sich da irgendjemand ausgekannt?“, fragt der Anwalt. „Der Weg an die Buchhaltung ist durch das Konto dokumentiert, und zwar nicht nur für mich, sondern für jeden. Aber wenn Sie so wollen, es ist nicht klar, dass ich das Geld einbezahlt habe“, erwidert Stantejsky.

Wieso sie denn das Akonto nicht schon früher abgerechnet habe, sondern erst Jahre später, wundert sich Hainz. Einerseits habe sie darauf vergessen, andererseits sei sie mit Arbeit so eingedeckt gewesen, dass sie einfach keine Zeit dafür gehabt habe: „Ich hätte für diese Abrechnung die ganzen Jahre neu aufrollen müssen, dass hätte Tage gedauert. Außer mir konnte das niemand machen, nur ich habe ausreichend Kenntnis gehabt.“ Dass Stantejsky Arbeit einfach nicht delegieren konnte oder wollte, zeigte sich auch gestern wieder. Was ist am 18.11.2013, dem Tag der Entlassung, passiert, will der Richter von der Klägerin wissen. Die Nummer von Georg Springers Sekretariat sei am Vormittag auf dem Display ihres Telefons erschienen. Sie habe gedacht, nun werde die Suspendierung zurückgenommen. Ihre Erwartung wurde enttäuscht: Wenige Stunden später sprach Springer in seinem Büro in Anwesenheit von Hartmann, Othmar Stoss, Königstorfer und Anwältin Eva Krichmayr die Entlassung aus. „Wie ist das genau passiert?“, fragt der Richter: „Wir glauben dir das alles mit Skrobanek, aber wir müssen dich trotzdem entlassen“, soll Springer gesagt haben.

Nur zwei Tage Frist für rechtliche Schritte

Nach einigen Minuten habe die Anwältin den Raum verlassen müssen, und es ist offenbar zu einem interessanten Angebot gekommen: Springer soll ihr einen neuen Vertrag als Referentin von Matthias Hartmann angeboten haben. Der hätte schon zwei Tage später, am 20.11.2013, abgeschlossen werden sollen. „Alle Anwesenden haben sich den Termin um 15 Uhr schon in den Kalender eingetragen“, erinnert sich Stantejsky. „Der Vertrag sollte auf den 18.11. rückdatiert werden, auf diese Weise sollte meine Entlassung rückgängig gemacht werden.“ Zwei Tage habe man ihr gegeben, um rechtliche Schritte einzuleiten, ihr aber gesagt, sie dürfe die Entlassung weder anfechten noch eine öffentliche Erklärung abgeben. „Wie haben Sie reagiert?“, will Eckert wissen. „Ich war wie vor den Kopf gestoßen, habe mich aber daran geklammert, dass der neue Vertrag abgeschlossen wird“, sagt Stantejsky.

Dazu kam es jedoch nicht. Mit der Begründung, dass ein neuer Vertrag einer „Verzeihung“ gleichkomme, habe Springer ihr am 20.11. verkündet, dass die Entlassung aufrecht bleibe.Zudem sei sie aufgefordert worden, 16.000 Euro zu bezahlen, um „tätige Reue“ zu leisten für Privatüberweisungen. Das Geld borgte sich bei zwei Freunden aus und zahlte – „vorbehaltlich der Rückforderung“. Weiterhin hoffte und rechnete sie damit, wieder eingestellt zu werden.
Den Mitarbeitern der Burg gegenüber sei ihre Entlassung nicht erwähnt worden, so Stantejsky. „Alles blieb unter der Hand.“ Sie arbeitete indessen weiter. Schließlich erhielt sie neun Tage später ein Schreiben, mit der Aufforderung, sie solle Schlüssel und Laptop abgeben. Am 23. 12. 2013 betrat sie das Burgtheater zum letzten Mal, sagt sie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2014)

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