Regierung in Hongkong sagt Dialog mit Studenten ab

Hongkongs Regierungschef Leung Chun-ying (li.) soll zurücktreten, fordern die Demonstranten. Rechts im Bild Leungs Vorgänger Tung Chee-hwa.
Hongkongs Regierungschef Leung Chun-ying (li.) soll zurücktreten, fordern die Demonstranten. Rechts im Bild Leungs Vorgänger Tung Chee-hwa.(c) REUTERS
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Die Proteste für mehr Demokratie könnten dadurch wieder an Stärke zulegen. Hongkongs Regierungschef muss nun auch mit Korruptionsvorwürfen kämpfen.

In Hongkong stehen die Zeichen wieder auf Konfrontation: Die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion sagte die für Freitag anberaumten Gespräche mit Vertretern der Demokratiebewegung am Donnerstag kurzfristig ab. Die Anführer der Bewegung für mehr Demokratie hatten wenige Stunden zuvor mit einer Ausweitung ihrer Proteste gedroht, sollte die Regierung nicht einlenken.

Die stellvertretende Regierungschefin Carrie Lam sagte Reportern, die "Grundlage für einen konstruktiven Dialog" sei "unterminiert" worden. Ein konstruktives Treffen am Freitag sei deshalb "unmöglich". Die Aktivisten müssten ihre "illegalen Besetzungen" beenden.

Die protestierenden Studenten wollten weitere Teile Hongkongs besetzen, sagte der Vorsitzende des Studentenverbands HKFS, Alex Chow, am Donnerstag. Ohne konkrete Angebote der Regierung werde sich "das Volk von Hongkong nicht zurückziehen". Die Demonstranten fordern seit Tagen vollständige Demokratie in der ehemaligen britischen Kronkolonie und den Rücktritt von Verwaltungschef Leung Chun-ying.

Millionen für den Chef

Dieser geriet unterdessen wegen nicht-deklarierter Firmenzahlungen zusätzlich unter Druck. Mehrere Oppositionsabgeordnete forderten von Leung eine Erklärung dafür, warum er während seiner Amtszeit empfangene Millionenbeträge eines australischen Unternehmens geheim hielt.

Nach einem Bericht des australischen Medienkonzerns Fairfax Media bekam Leung während seiner Amtszeit vom australischen Bauunternehmen UGL insgesamt 50 Millionen Hongkong-Dollar (rund fünf Millionen Euro). Die Zahlungen seien Teil eines im Dezember 2011 geschlossenen Vertrags gewesen. Eine Woche vor Vertragsschluss hatte Leung seine Kandidatur für den Posten des Verwaltungschefs bekannt gegeben.

UGL erklärte, es seien gestaffelte Zahlungen vereinbart worden, um sicherzustellen, dass der damalige Immobilienunternehmer Leung über einen Zeitraum von zwei Jahren nicht in Konkurrenz zu UGL treten würde. Leung hatte damals noch einen hohen Posten bei einer insolventen Immobilienverwaltung inne, die UGL erwarb. Leung sollte nun UGL über die Vertragslaufzeit "von Zeit zu Zeit beraten", anstatt den Australiern womöglich das Geschäft zu erschweren. Laut UGL handelt es sich um eine normale vertrauliche Geschäftsbeziehung.

Leung als Berater für Baufirma

Das Büro des Verwaltungschefs teilte mit, Leung sei nach gegenwärtiger Gesetzeslage nicht verpflichtet gewesen, die Zahlungen öffentlich zu machen. Zudem sei er nie beratend für UGL tätig geworden. Mehrere Abgeordnete beharrten dennoch darauf, Leung hätte die Zahlungen zu seinem Amtsantritt im Juli 2012 deklarieren müssen. Ein Abgeordneter der Demokratischen Partei will nun die Anti-Korruptionsbehörde der Stadt auf den Fall ansetzen.

"Das wird zu einem echten Integritätsproblem", sagte die prodemokratische Abgeordnete Claudia Mo. Schließlich sei es unvorstellbar, dass beispielsweise US-Präsident Barack Obama nebenbei einen Beratervertrag für ein Unternehmen habe.

Hongkong wurde in den vergangenen Wochen von Massenprotesten erschüttert, die erst Anfang dieser Woche nachließen, als die Regierung mit einem Polizeieinsatz drohte. Die Protestierenden fordern die Änderung einer von Peking beschlossenen Wahlreform: Diese sieht vor, dass die Bevölkerung Hongkongs 2017 erstmals direkt einen Verwaltungschef wählen darf, jedoch will die chinesische Staatsführung die Bewerber im Vorhinein auswählen. Die Demonstranten verlangen hingegen freie Wahlen.

Bei den dritten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen am Freitag in Berlin dürfte das Thema Hongkong ebenfalls zur Sprache kommen. Im Mittelpunkt stehen allerdings lukrative Vertragsabschlüsse und die Weiterentwicklung der im Sommer in Peking vereinbarten Innovationspartnerschaft. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International appellierte an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, auf die Freilassung von Festland-Chinesen zu pochen, die wegen ihrer offenen Sympathiebekundungen für die Protestbewegung in Hongkong festgenommen wurden.

(APA/dpa)

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