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Sanac: Scharfe Kritik am Islamgesetz

INTERVIEW: FUAT SANAC
FUAT SANAC(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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So nicht abgesprochen und inhaltlich zum Teil „naiv“. Ungewohnt heftig kommentiert der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft den Gesetzesentwurf.

Wien. Das Verhältnis zwischen der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) und der Bundesregierung ist deutlich abgekühlt. Auslöser dafür war die Präsentation des Entwurfs zum neuen Islamgesetz Anfang Oktober. Mit IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac meldete sich nun auch der ranghöchste Vertreter der Muslime zu Wort – und er trug seine Kritik in einer Schärfe vor, die für ihn eher ungewöhnlich ist.

Es seien einige Punkte im Entwurf enthalten, die so nicht mit der IGGiÖ vereinbart gewesen seien und somit „ohne unsere Zustimmung“ erfolgt sind, sagte er im Ö1-„Morgenjournal“. Noch dazu habe die Regierung den Gesetzesentwurf just zu einem Zeitpunkt vorgestellt, zu dem Sanac in Saudiarabien auf Pilgerfahrt war. Er habe davor gebeten, nach 16 Jahren der Vorbereitung noch 16 Tage zu warten, bis er wieder in Österreich sei – doch sei man dieser Bitte nicht nachgekommen, beklagte der IGGiÖ-Präsident.

Abgesehen von solchen atmosphärischen Störungen sieht Sanac im Gesetzesentwurf aber auch inhaltlich Probleme. So nannte er das geplante Verbot der laufenden Finanzierung von Religionsgesellschaften aus dem Ausland einen „naiven Vorschlag“: „Man kann auch dort bezahlen und hier durch die Bankomatkarte sein Gehalt bekommen.“ Er warnte demnach auch vor diplomatischen Irritationen mit muslimischen Staaten.

Zum Kampf gegen radikale Muslime in Österreich, der von der IGGiÖ erwartet werde, sagte Sanac: „Die Gesetze erlauben uns nicht, sie zu kontrollieren oder zu verbieten. Wenn wir diese Rechte gehabt hätten, hätten wir das auch getan.“ Sanac forderte in diesem Zusammenhang eine Änderung des Vereinsgesetzes: Die Gründung eines islamaffinen Vereins sollte künftig der Zustimmung der Glaubensgemeinschaft bedürfen.

 

Kein Einheitskoran

Skeptisch äußerte sich Sanac zu einer einheitlichen deutschen Koran-Übersetzung, wie sie im Vorfeld von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) gefordert worden war, dann aber nicht in den Gesetzesentwurf aufgenommen wurde. Man werde an den Schulen den teilweise übersetzten Koran als Schulbuch verteilen, kündigte er an, allerdings „heißt das nicht, dass die anderen Übersetzungen verboten werden dürfen“.

Die Begutachtungsfrist für das neue Islamgesetz läuft bis 7.November, in Kraft treten soll es Anfang 2015. (eko/APA)

AUF EINEN BLICK

Novelle. Der Entwurf für ein neues Islamgesetz sieht unter anderem ein Verbot der Finanzierung muslimischer Einrichtungen aus dem Ausland vor. Kritik wird auch am Entwurf geübt, weil darin explizit der Vorrang von staatlichem gegenüber religiösem Recht erwähnt ist – das gebe es bei keinem anderen Gesetz für eine Glaubensrichtung. Kritiker sehen darin eine Ungleichbehandlung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2014)