Ebola könnte Westafrika Milliarden kosten

A car drives past a public health advertisement against the Ebola virus in Monrovia
A car drives past a public health advertisement against the Ebola virus in MonroviaREUTERS
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Die Weltbank warnt vor den enormen Kosten einer weiteren Verbreitung von Ebola. Die internationale Gemeinschaft sei bisher „kläglich gescheitert“.

Washington/Wien. Rund 3900 Menschen sind den offiziellen Zählungen zufolge in Westafrika inzwischen Ebola zum Opfer gefallen. Am stärksten betroffen sind die Länder Guinea, Liberia, und Sierra Leone. Alle Versuche, die Epidemie unter Kontrolle zu bekommen, sind bisher gescheitert. Aber wenn sich die Lage nicht bald verbessert, könnte Ebola die ohnehin bitterarmen afrikanischen Länder Milliarden kosten, warnt die Weltbank.

Deren Experten haben auch ausgerechnet, wie viel: Im schlimmsten Fall könnte die Seuche die Wirtschaftsleistung der drei am stärksten betroffenen Länder um 815 Mio. Dollar drücken.

Aber dieser „schlimmste Fall“ geht eben davon aus, dass es nicht gelingt, Ebola auf diese drei Länder zu beschränken. Das Horrorszenario der Weltbank: Kosten von 32,6 Mrd. Dollar (rund 26 Mrd. Euro). „Aufgrund der Gefahr, dass Ebola Guinea, Liberia und Sierra Leone sowie ihren Nachbarn in Westafrika massive ökonomische Kosten auferlegen würde, muss die internationale Gemeinschaft einen Weg finden, mehr Ärzte und medizinisches Fachpersonal in die Region zu bringen – um Ebola zu stoppen“, sagte Weltbank-Präsident Jim Yong Kim. Bisher sei man bei der Ebola-Bekämpfung „kläglich gescheitert“, sagte er dem britischen „Guardian“.

Die Weltbank will daher 400 Mio. Dollar für Soforthilfen in Westafrika organisieren. Kim wünscht sich aber einen viel größeren, 20 Mrd. Dollar schweren Gesundheitsfonds. Entscheidend für die Entwicklung der westafrikanischen Staaten sei, dass man die internationalen Investoren davon überzeugen könne, dass die Epidemie unter Kontrolle ist. Die schwersten Fehler seien aber in der Vergangenheit gemacht worden, so Kim: „Die enormen ökonomischen Kosten des aktuellen Ausbruchs hätten durch vernünftige und fortlaufende Investments in die Stärkung der Gesundheitssysteme verhindert werden können.“ Die bisher erfolgreiche Eindämmung von Ebola in Nigeria und dem Senegal sei ein Beweis dafür.

„Gefahr darf nicht unterschätzt werden“

Aber nicht nur die direkt betroffenen Gebiete werden von Ebola in Mitleidenschaft gezogen. Nach ersten Fällen in Amerika und Europa ist die Seuche – und vor allem die Angst vor ihr – als Faktor auf den Weltmärkten angekommen.

Laut den Währungsanalysten der britischen Großbank Barclays könne die Seuche auch die Weltwirtschaft negativ beeinflussen. So seien vor dem aktuellen Ausbruch nur 2345 Menschen an Ebola erkrankt – in 37 Jahren. Davon starben 1546. „Die Gefahr, dass Ebola in größere, stärker entwickelte Volkswirtschaften springt, darf nicht unterschätzt werden“, so Barclays.

Denn die aktuelle Epidemie betreffe nicht wie früher vor allem entlegene Dörfer – sondern dicht bevölkerte Gebiete. Barclays zitiert den US-Autor Robert Kaplan. Dieser hat schon vor 20 Jahren geschrieben, dass die westafrikanische Küste so dicht besiedelt ist, dass sie eigentlich als eine Megastadt mit mehr als 300 Millionen Einwohnern zu bezeichnen ist. Diese eng besiedelte, extrem arme Weltgegend sei der „ideale“ Brutkasten für die tödliche Krankheit.

Laut den Analysten ist die aktuelle Epidemie (je nach Datenmaterial) bereits 6,8 bis 12,4 Mal größer als der bisher größte Ebola-Ausbruch in Zaire und dem Sudan 1976. Dazu käme, dass diesmal deutlich mehr medizinisches Personal infiziert wird als vor 40 Jahren in Zentralafrika, was auf eine höhere Ansteckungsrate als damals hinweisen könnte. Ähnlich wie die Weltbank, hofft auch Barclays auf eine raschere, robustere nationale und internationale Antwort auf die Bedrohung. Wenn die Seuche sich aber mit der bisherigen Geschwindigkeit ausbreitet, sei binnen eines knappen Jahres mit bis zu einer Million Erkrankungen zu rechnen.

Angesichts der Tatsache, dass nach rund 7000 Fällen in Westafrika bereits Patienten in Dallas und Madrid aufgetaucht sind, sei im Falle einer weiteren rasanten Ausbreitung in Afrika auch mit viel mehr Ebola-Fällen in der entwickelten Welt zu rechnen, so Barclays.

In einem solchen Szenario sei mit noch schwächerem Wachstum und größerer Volatilität an den Märkten zu rechnen. Barclays betont aber, dass es sich bei diesen Überlegungen um „Tail-Risk“ handelt – also ein äußerst unwahrscheinliches Szenario.

AUF EINEN BLICK

Ebola hat seit seinem neuerlichen Ausbruch in Westafrika inzwischen rund 3900 Menschenleben gefordert. Weltbank-Chef Jim Yong Kim sagte jetzt dem britischen „Guardian“, dass die internationale Gemeinschaft bisher „kläglich gescheitert“ sei. Er wünscht sich einen neuen, 20 Mrd. Dollar schweren Notfallfonds für die Weltbank. Die Seuche könne die Nationen Westafrikas im allerschlimmsten Fall bis zu 32 Mrd. Dollar kosten – sagt eine Weltbank-Studie. Die Großbank Barclays warnt schon vor negativen Auswirkungen auf die Finanzmärkte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2014)

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