Ruhig einmal zum Duden greifen

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Dank Social Media wird auch für Selbstständige oder in der PR-Branche Tätige richtiges Schreiben immer wichtiger. Wie es gelingen und wo man es lernen kann.

Auf Facebook den richtigen Zweizeiler platzieren, 140 spritzige Zeichen twittern und Pressemeldungen per E-Mail aussenden – für Selbstständige vom Coach bis zur Ärztin gehören Internet und Social Media zum beruflichen Alltag. Aber auch Angestellte in der PR-Branche oder im Marketing sollen oft so nebenbei können, was sie nie gelernt haben: professionell zu texten.

Kritik als kostenloses Feedback

„Man glaubt, das macht man so nebenher, denn was locker-flockig klingt, wird ja wohl auch so zu schreiben sein“, ortet Judit Wolfsberger vom Writer's Studio ein großes Missverständnis. Dabei ist es wie bei jedem Handwerk: Je müheloser es wirkt, umso mehr Übung und Erfahrung stecken dahinter.

„Der Mythos vom passionierten Autor, der immer im Flow ist und dem alles aus der Feder fließt, ist in den Köpfen immer noch präsent“, so Huberta Weigl, Gründerin der Schreibwerkstatt. „Viel zu wenige wissen, dass Schreiben ein Prozess mit mehren Schritten ist, in dem sich ein Text entwickelt. Und dazu braucht es neben Know-how auch Feedback, eine Außensicht.“ So wie ein Schneider mit gutem Augenmaß nicht ganz auf das Maßband verzichten sollte, sollte jeder Texter von einem neutralen Wertmaß, wie es in ihren Trainings und Coachings vermittelt wird, profitieren. „Versteht man die Aussage, verliert man irgendwo den Faden, steht das Wichtigste wirklich am Anfang?“ Doch weil die Kritik in der Schule per Rotstift oft sehr herb ausfiel, haben heute viele Menschen geradezu Angst davor, Fehler zu machen, und flüchten sich in Floskeln, „damit ihnen keiner etwas anhaben kann“, so Wolfsberger. So entstehe das „Kelomat-Schreiben“: Knapp vor der Deadline wird unter Hochdruck ein Text verfasst, Feedback und Feinschliff bleiben komplett auf der Strecke.

Für einen Pressetext, ein Interview oder eine Website ist das natürlich der Worst Case: Niemand will das Zeug lesen. Was macht also einen guten Text aus? „Empathie. Er muss für die Leute geschrieben werden, die ihn lesen sollen“, so Weigl. „Die Botschaft muss vermittelt werden. Wichtig sind nicht der Sender und seine Befindlichkeiten, sondern der Empfänger und seine Interessen.“

Auch Claudia Riedmann von der Schreibagentur kennt die Hürden auf dem Weg zum guten Text: „Am Leser orientieren, aktiv formulieren, konkret ausdrücken, gliedern, und den Text einfach halten“, empfiehlt sie. „Viele haben Angst, sich zu simpel auszudrücken. Aber es gibt eigentlich keinen zu einfachen Text.“ Dabei müsse man mit seiner Meinung, etwa bei einem Blog, nicht hinter dem Berg halten. „Die reine Information kann schnell langweilig sein. Man soll schon wissen, wofür der Schreiber steht“, meint Wolfsberger. Sie orientiert sich in den Lehrgängen, Trainings und Schreibtreffs an der anglo-amerikanischen Tradition, in der das Schreiben weit weniger angstbehaftet und weiter verbreitet ist. „Es gehört am College oder an der Uni einfach dazu, sich auch schriftlich auszudrücken.“

Visitenkarte für Unternehmen

Dass neben Know-how und Feedback vor allem Übung den Meister macht – oder zumindest den ordentlichen Texter –, wird von allen Anbietern bejaht. Vergessen dürfe man allerdings auch im entspannten Prozess vom Rohtext zur Endfassung die Grundlagen nicht: „Rechtschreibfehler gehen gar nicht“, so Weigl. „Wer als des Deutschen nicht mächtig erscheint, wird auch fachlich als inkompetent empfunden.“ Man sollte sich also nicht scheuen, mitunter zum Duden zu greifen. „Schließlich ist eine Aussendung oder Homepage wie eine Visitenkarte für das Unternehmen.“

Und man darf ruhig freundlich sein. Schließlich will man ja zum Lesen einladen.

INFORMATIONEN

Writer's Studio: Lehrgänge (Infoabend zu „Texten im Beruf“ am 24. Oktober), Kurse, Firmenseminare, Schreibtreffs, Coaching, Passion Writing,
www.writersstudio.at

Schreibwerkstatt: Kurse, Coaching, Beratung, www.schreibwerkstatt.co.at

Schreibagentur: Coaching, Seminare, Firmentrainings, www.schreibagentur.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2014)

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