Karin Bergmann: Die gute und logische Wahl

AUSTRIA THEATER burgtheater bergmann
AUSTRIA THEATER burgtheater bergmann(c) APA/EPA/ROLAND SCHLAGER
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Die gebürtige Deutsche, die seit 1986 in Wien lebt, übernimmt nun fix das Burgtheater. Ein Porträt.

„Sie ist eine sehr pragmatische, geradlinige Frau, die ihr Handwerk sehr gut beherrscht.“ Das sagte die für überschwängliches Lob nicht gerade bekannte Regisseurin Andrea Breth im heurigen März über Karin Bergmann, die nun nicht interimistisch, sondern fix als erste Frau das Burgtheater übernimmt. Die Grazer Schauspielhaus-Chefin Anna Badora folgt im Volkstheater 2015 Michael Schottenberg. Fast ein Erdrutsch ist das, dass an Wiens Großbühnen plötzlich zwei Frauen regieren. Beide Damen sind über 60, was beweist, dass es ziemlich schwierig sein kann, als Frau Intendantin zu werden, speziell im konservativen Wien.

Im heurigen Frühjahr streute ein Kritiker Bergmann Rosen, der sonst meistens Prügel verteilt: FAZ-Rezensent Gerhard Stadelmaier schrieb über die „Interimskräftige“: „Sie hat Witz, Verstand und Mut und eine lange Erfahrung, gewonnen in den oberen Etagen des Schaugewerbes. So ist sie in der desolaten Situation, in die das Wiener Burgtheater in seiner Finanz-und Führungskrise inklusive Rausschmiss des gewesenen Direktors Hartmann geraten ist: eine gute Wahl. Eine Brücke in die Zukunft.“

Wie desolat ist das Burgtheater wirklich?

Wie desolat ist das Burgtheater wirklich? Vermutlich gar nicht, es hat immer noch viel mehr Geld als die meisten anderen deutschsprachigen Bühnen, weniger Druck, Kasse zu machen – und ein weitgehend großartiges Ensemble, das allerdings ein paar neue markante Köpfe à la Ritter Dene Voss brauchen könnte. Auf der Riesen-Orgel Burg wird nun Karin Bergmann spielen und das ist zunächst einmal eine Riesenchance. Sie bringt fast alles mit, was man braucht, Achtung vor und Liebe zur Institution, entschiedenes Auftreten, Zähigkeit, eine gewisse Schlauheit. Das einzige, was sie beweisen wird müssen, ist: künstlerische Innovation, Ideen, neue Formate. Wenn das Burgtheater „Dantons Tod“ von Büchner und Hermann Bahrs „Konzert“ spielt, wie das in der heurigen Saison der Fall ist, erfreut dies das traditionelle und das an Unterhaltung interessierte Publikum, in dem Programm fehlt aber doch noch der Pfiff. Jetzt kann Bergmann längerfristig planen und sie hat das Pouvoir der Burg ihren ästhetischen Stempel aufzudrücken.

Mit Peymann kam sie an die Burg

Karin Bergmann wurde 1953 in Recklinghausen geboren. Sie begann 1979 als Direktionsassistentin am Schauspielhaus Bochum, wo Claus Peymann Intendant war. Ab 1983 war sie Pressereferentin am Schauspielhaus Hamburg, wo Niels-Peter Rudolph und Peter Zadek regierten. Mit Peymann kam sie ans Burgtheater. 1993 holte Rudi Klausnitzer sie als Direktionsmitglied in seine Intendanz an die Vereinigten Bühnen Wien. 1996 wechselte sie an die Volksoper, die Nikolaus Bachler übernahm, der heute Direktor der Bayerischen Staatsoper in München ist. Mit Bachler kehrte sie 1999 zurück an die Burg, wo sie Vizedirektorin wurde. 2009/10 verließ Bergmann die Burg, sie betreute aber deren Jubiläumskongress im Oktober 2013.

"Bei uns im Ruhrgebiet sind die Leute wortkarg"

2014 berief Kulturminister Josef Ostermayer nach der Entlassung von Matthias Hartmann Bergmann zur interimistischen Burg-Chefin bis 2016. „Ich komme aus einem Haus, in dem es keine Bücher, keine Musik gab. Die Leute bei uns im Ruhrgebiet sind sehr wortkarg. Man sprach nicht über sich. Ich habe mich als Kind völlig isoliert gefühlt. Ich hatte Sehnsucht nach einer anderen Welt und habe mich früh in Bücher geflüchtet. Aber mit der Literatur ist man alleine, während am Theater die großen Themen öffentlich verhandelt werden. Da wusste ich, das ist mein Metier“, das sagte Bergmann heuer im Sommer im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ und: „Wenn man mich zu einem Gespräch einlädt, werde ich das auf jeden Fall führen. Ich habe relativ genaue Vorstellungen, wo ich mit dem Haus hingehen möchte bzw. die Burg sehe.“

Theater am Theater ist Bergmann fremd

„Bergmann for President“, das war der Wunsch des Ensembles, irgendwie überraschend, weil es eher als Burgschauspielers Lieblingsbeschäftigung gilt, am Sessel des Direktors zu sägen. Für Künstler und andere Beschäftigte war die Finanzkrise ein Schock, sie fürchteten um ihre Arbeitsplätze. Bergmann, soviel steht fest, muss zwar das Sparpaket umsetzen, das mitunter menschenverachtende Theater am Theater ist ihr aber vollkommen fremd, die Leute sind bei der Tochter eines Kumpels aus dem Ruhrgebiet in guter Hut, was vielleicht auch erfreulich ist für das Publikum. Künstler sind nur gut, wenn sie glücklich sind (das gilt womöglich auch für andere Menschen). Die Burg und ihre Besucher können sich jetzt wieder der Kunst zuwenden. Bleibt nur zu hoffen, dass in den laufenden Prozessen um Hartmann, Silvia Stantejsky, Georg Springer nicht auch Bergmanns Ruf beschädigt wird.

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