Weiterbildung für Ältere: Was Hänschen nicht lernt...

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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...lernt Hans eben später: Was dabei zählt, ist vor allem Praxisarbeit, Erfahrungsaustausch und Teamwork. Und ein passendes Tempo.

Lebenslang lernen – auch für Menschen jenseits der Jugend stellt sich diese Herausforderung zunehmend. Leider nicht nur aus Wertschätzung für das Potenzial der Generation 50+ – trotz zunehmenden Umdenkens beginnen nur wenige Firmen zielstrebig, Kräfte ab 45 Jahren zu fördern. Auch gilt es für jeden Einzelnen, am Ball zu bleiben und gegen die jüngere Konkurrenz zu bestehen. Doch wie schafft man überhaupt die passenden Voraussetzungen und Angebote? Denn der Lernwille schwindet mit der Nähe zum Pensionsalter zusehends, glaubt man einer Studie aus dem Jahr 2003 im Auftrag von abif und SORA. Der zufolge lernen zumindest Menschen mit höherer Schulbildung lieber als jene, die eine Lehre absolviert haben.

Große Skepsis

Doch Bedarf an Weiterbildung haben auch Mitarbeiter in technischen oder wirtschaftlichen Branchen – durch die technische Entwicklung sowie durch die Übernahme neuer Aufgabengebiete. Viele Gruppenverantwortliche haben als Lehrlinge oder Facharbeiter begonnen und mit der Zeit immer mehr Verantwortung übernommen. Interessant dabei: „Learning on the job sowie Referate oder Begleitungen durch Mentoren beziehungsweise Coaches empfinden ältere Mitarbeiter nicht als Weiterbildung. Erst wenn sie sich beispielsweise in Seminarräume gegeben, dann fängt für sie bewusst die Fortbildung und damit die Skepsis an“, erklärt Unternehmensberater Erich Sturmair.



„Learning on the job oder Begleitungen durch Mentoren empfinden ältere Mitarbeiter nicht als Weiterbildung. Erst wenn sie sich in Seminarräume begeben, fängt für sie die Fortbildung und damit die Skepsis an.“

Erich Sturmair

Und die Skepsis sitzt tief. Denn die Generation 50+ hat meist andere Vorstellungen davon, was sinnvolle Weiterbildung ist, als Absolventen oder Jungmanager, die noch eine ganze Karriere vor sich haben. Die Motivation liegt im direkten praktischen Nutzen, nicht im strategisch langfristigen Weiterkommen. „Vor allem muss klar sein, wozu man sich weiterbildet, beispielsweise um seinen Arbeitsplatz zu erhalten“, sagt Karin Steiner, Geschäftsführerin des Forschungsinstituts abif in Wien. Auch beim Wie sind ältere Mitarbeiter anspruchsvoll. Leider wird in der Praxis darauf noch zu wenig Rücksicht genommen – meist aus Unwissen. Dabei ist die passende Wissensvermittlung keine große Sache: „Wenn der Praxisbezug gegeben ist, fällt das aktive Aneignen von Wissen leichter. Auch das Tempo muss selbstbestimmt sein. Erkenntnisorientiertes Lernen sollte im Vordergrund stehen“, sagt Christine Schwanke, Bereichsleiterin Generationenbalance beim Institut für humanökologische Unternehmensführung.

Passende Trainer

Eine wichtige Rolle bei der Wissensvermittlung an Ältere spielt auch der Trainer. „Lehrende mit Praxis- und Lebenserfahrung sind gefragt, die auf Grund ihres Repertoires auf die geäußerten Wünsche eingehen. Junge Trainer oder Assistenten, die nach einem Handbuch den Stoff vorbeten, sind dafür ungeeignet“, sagt Riemer. Und noch viel stärker als bei jüngeren müsse man auf die Qualität und die persönliche Betreuung achten. „Erfahrungsaustausch und Gruppenarbeit sind gefragt. Es sind die Teilnehmer zu fragen, was sie können, was sie interessiert, wofür sie eine Lösung brauchen“, sagt Mental- und Teamcoach Kurt Riemer. Seine Lerntransfer-Studie aus dem Jahr 2007 hat ergeben, dass nur elf Prozent der befragten Unternehmen lebensphasengerechte Lehr- und Lernmethoden anwenden, obwohl es einem Drittel als sinnvoll erscheint. 17 Prozent sehen dafür überhaupt keine Notwendigkeit.



„Vor allem muss klar sein, wozu man sich weiterbildet, beispielsweise um seinen Arbeitsplatz zu erhalten.“

Karin Steiner

Dezidierte externe Ausbildungsangebote für ältere Mitarbeiter gibt es derzeit nur wenige. Einen Überblick bietet die Weiterbildungsbank des AMS. Einzelne Unternehmen hingegen haben das Thema intern aufgegriffen, wie beispielsweise die VOEST Alpine mit ihrem LIFE-Programm, das auf Nachhaltigkeit, Ganzheitlichkeit und die Bewusstseinsänderung bei Führungskräften und Mitarbeitern zielt. Ältere Mitarbeiter sind insofern ein Thema, weil allen das Recht eingeräumt wird, 33 Stunden in Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu investieren. Bei der Erste Bank wurde das Ausbildungsbudget aufgestockt.

Förderungen

Möglicherweise kämen Unternehmen und Arbeitskräfte in die Gänge, wüssten sie um Fördermöglichkeiten. Die Qualifizierungsförderung QfB des AMS etwa trägt zwei Drittel der Weiterbildungskosten für Mitarbeiter über 45 Jahren sowie für Frauen mit Lehrausbildung oder mittlerer Schule und Wiedereinsteiger. Die Weiterbildung von Frauen über 45 Jahren wird mit 75 Prozent unterstützt. Und der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds waff unterstützt mit „Pisa Plus“ Beschäftigte über 40 mit bis zu 1100 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2008)

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