Grasser vor Prozess-Auftritt: "Wollte korrekt handeln"

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat Probleme mit seiner Stiftungskonstruktion und klagt seinen früheren Steuerberater.

Wien. „Ich wollte immer steuerlich korrekt handeln, und ich bin überzeugt, das auch getan zu haben. Ich denke, dass Deloitte und Steuerberater Peter Haunold eine korrekte Struktur geschaffen haben. Damit ist auch das laufende Finanzstrafverfahren gegenstandslos. Sollte aber ein Beratungsfehler vorliegen, müssen sich Deloitte und Haunold verantworten.“ Das sagt Karl-Heinz Grasser am Freitag in der Kanzlei seines Anwaltes Dieter Böhmdorfer.

Der Zeitpunkt ist wohl gewählt. Am Montag geht nämlich im Handelsgericht Wien der von Grasser angestrengte Schadenersatzprozess weiter. Der letzte Termin (Juli) wurde ja wegen einer Lungenentzündung, die sich Grasser auf Capri zugezogen hatte, abgesagt. Der frühere Finanzminister ist nun in der Rolle des Klägers. Auf Beklagtenseite: Grassers einstiger Vertrauter, der Steuerberater Peter Haunold und die Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, deren Partner Haunold ist.

Grasser führt in der Klage an, er sei fehlerhaft beraten worden. Nun habe er einen Rettungs- und einen Abwehraufwand zu stemmen. Dafür werden – vorbehaltlich weiterer, derzeit noch gar nicht kalkulierbarer Schäden – 400.000 Euro eingeklagt.

Finanzstrafverfahren läuft

Unter Rettungsaufwand sind die Anstrengungen zu verstehen, die aus Klägersicht nötig sind, um die Finanz dazu zu bringen, die Stiftungskonstruktion (intransparente Stiftung) zu akzeptieren, in die ab 2007 die Gelder aus dem Grasser-Engagement für Julius Meinl bzw. die Meinl Bank AG und die Meinl Power Management (MPM) flossen. Grassers Einkünfte aus dieser Tätigkeit beliefen sich auf etwa neun Millionen Euro.

Unter Abwehraufwand sind all die auf Grasser zukommenden Aktivitäten zu verstehen (Beispiel: steuerrechtliche Beratungen), mit denen die Konsequenzen einer möglichen Falschberatung durch Haunold noch aufgehalten werden können.

Die bitterste Konsequenz für Grasser ist wohl das gegen ihn laufende Finanzstrafverfahren. Zur Klarstellung: Dieses Verfahren (Vorwurf: Abgabenhinterziehung) hat wiederum mit einer möglichen Buwog-Anklage nichts zu tun. Im Finanzstrafverfahren mutmaßt die Korruptionsstaatsanwaltschaft, Grasser habe seinen Verdienst aus dem MPM-Job vorsätzlich falsch versteuert. Auch Haunold ist Beschuldigter. Freilich weisen beide die Anschuldigung zurück.

Ob das Stiftungskonstrukt (dieses sollte diskret sein, es sollte laut Klage also auch dazu dienen, „die wirtschaftlichen Beteiligungen Grassers nicht öffentlich zu machen“) steuerrechtlich in Ordnung war bzw. ist, lässt sich aber noch gar nicht abschließend sagen. Das Abgabenverfahren der Finanz läuft immer noch. Und obwohl die Steuerbehörden noch nicht das letzte Wort gesprochen haben, treibt die Korruptionsstaatsanwaltschaft das Finanzstrafverfahren voran.

Der Verdacht, Grasser habe Steuern in Höhe von 4,5 Millionen Euro hinterzogen, dürfte jedoch nicht haltbar sein. Er setzt nämlich voraus, dass Grasser seine Meinl-Einkünfte praktisch gar nicht versteuert hat, obwohl nachvollziehbar ist, dass jedenfalls ein Teil der Gelder über Grassers Firma Valuecreation sehr wohl in Österreich versteuert wurde.
Was Grasser nun so stört, ist Haunolds Wende: „Haunold hat unter Druck (er ist ja auch Beschuldigter, Anm.) die Nerven verloren und erfindet nun eine Begründung, warum nicht der Steuerberater schuldig ist, sondern der Klient.“

Vor dem Hintergrund (und auch wegen drohender Verjährung) sei er, Grasser, „zur Klage gezwungen“. Weiter: „Die Klage ist für mich eine Versicherungspolizze, falls Haunolds Stiftungsstrukturen nicht halten sollten.“ Grassers Rechtsvertreter, Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer, unterstreicht: Sein Mandant sei explizit dafür, dass der „Handakt“, den Haunold während seiner Tätigkeit als Grassers Steuerberater angelegt hat, komplett offengelegt wird. Dies sei aber bisher nicht passiert. „Dies lässt den Schluss zu, dass die Behauptungen der Gegenseite durch den Handakt widerlegt werden könnten“, meinen beide Herren am Freitag unisono.

Die Position der Beklagten stellt sich jedoch ganz anders dar. So heißt es etwa in einer der „Presse“ ebenfalls vorliegenden Klagebeantwortung vom August des vorigen Jahres über die strittige Stiftungskonstruktion, die ihren Sitz in Liechtenstein hatte: „Die Beratung der Beklagten war auf die Beratung einer Grundlage für die Struktur beschränkt. Die einzelnen Verträge, die in diesem Zusammenhang noch abgeschlossen wurden, stammen allesamt nicht von den Beklagten.“ Sprich: Grasser habe das Konstrukt eigenmächtig abgeändert. Genau dies wird wiederum vom Kläger ausdrücklich bestritten. Es liegt nun am Handelsgericht Wien herauszufinden, wie sich die Dinge tatsächlich entwickelt haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2014)

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