Du siehst gut aus, heute schon gekotzt?

Die Filme von Terence Hill und Bud Spencer wurden in Schnodderdeutsch synchronisiert
Die Filme von Terence Hill und Bud Spencer wurden in Schnodderdeutsch synchronisiertWarner
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„Normalerweise hast du das Monopol auf schlechte Witze“, sagt die Kollegin entschuldigend, nachdem sie einen schlechten Scherz gemacht hat.

Eine solche Situation lässt sich auf drei Arten auflösen. Man steht beleidigt auf und geht. Man macht einen weiteren schlechten Scherz. Oder man führt das Gespräch auf eine Metaebene und erklärt, dass die angesprochenen Sprüche à la „Schmeckt gar nicht mal so gut“ zu einem Sprachstil gehören, der vor allem in den 1970ern und 1980ern sehr gebräuchlich war. Schnodderdeutsch, so erklärt man, geht auf den norddeutschen Begriff „schnoddrig“ zurück, was für provozierend und großsprecherisch steht. Das Wort wiederum geht auf den deutschen Synchronsprecher Rainer Brandt zurück, der TV-Serien und Filmen mit Neologismen, umgewandelten Sprichwörtern und Brüchen in Stil und Logik seinen eigenen Humor aufdrückte. Besonders anschaulich ist das bei der Serie „Die Zwei“ mit Tony Curtis und Roger Moore, deren deutsche Übersetzung zum Teil erheblich vom Original abweicht. „Hände hoch – ich bin Achselfetischist“ oder „Sleep well in your Bettgestell“ wurden zu geflügelten Worten. Nicht zu vergessen „Tschüssikowski“, wie sich der von Curtis gespielte Danny Wilde zu verabschieden pflegte. Sprüche wie „Jetzt gibt's vor die Sabberrinne!“ oder „Siehst gut aus – heute schon gekotzt?“ machten auch die Filme von Bud Spencer und Terence Hill erfolgreich.

Mit schlechten Witzen, so wird weiter doziert, haben diese Sprüche also nichts zu tun. Vielmehr sind sie ein Stilmittel, das heutzutage viel zu selten angewandt wird, weil sämtliche Filme und Fernsehserien stromlinienförmig und langweilig ins Deutsche übertragen werden. Das möge die Kollegin also bedenken, ehe sie den Vorwurf eines schlechten Humors in den Raum stellt. Und um sie komplett zu verstören, könnte man dann doch noch den Teil mit dem Beleidigt-Weggehen nachholen, ihr dabei zurufen: „Auf Wiedersehen, aber es eilt nicht.“ Und sich insgeheim freuen, dass man bei schlechten Scherzen tatsächlich eine Monopolstellung innehat.

erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2014)

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