Alles auf Anfang: Bei EADS ist der Jubel über den Milliardenauftrag des Pentagon vorbei. Boeing legte im US-Kongress erfolgreich Widerspruch ein. Die empfohlene Neuausschreibung wäre frische Munition für Boeing.
Nach außen gibt sich EADS-Chef Louis Gallois siegessicher. Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern werde sich gegen den Erzrivalen Boeing durchsetzen und den milliardenschweren Tankerauftrag der US-Luftwaffe für sich verbuchen, so Gallois. "Wir sind überzeugt, dass unser KC-45 die beste Maschine für die Anforderungen der US-Luftwaffe ist", zitierte ihn die Zeitung "La Tribune" am Donnerstag. "Wenn es eine neue Ausschreibung gibt, werden wir uns bewerben."Ausgang wieder völlig offen
In der letzten Bemerkung von Gallois klingt es allerdings schon an: Die Auftragsvergabe an EADS ist alles andere als sicher. Nachdem das Pentagon dem europäischen Gemeinschaftskonzern und seinem Partner Northrop Grumman im Frühjahr überraschend den Zuschlag für die Lieferung von 179 Tankern erteilt hatte, stehen nun die Zeichen wieder auf Anfang.
Der neuerliche Schwenk kommt vom Rechnungshof des US-Kongresses. Die Behörde hatte am Mittwochabend dem Einspruch des heimischen Konzerns Boeing gegen die Auftragsvergabe an EADS stattgegeben und eine Neuausschreibung empfohlen. Es habe eine Reihe schwerer Fehler gegeben, die den Ausgang des Wettbewerbs beeinflusst haben könnten.
Neue Munition für Boeing
Zwar ist die Empfehlung ist nicht bindend. Allerdings setzt sie die US-Luftwaffe erheblich unter Druck. Zudem bekommen die Unterstützer Boeings im Kongress neue Munition für ihre Bemühungen, die Entscheidung rückgängig zu machen. Das könnte dazu führen, dass Boeing doch noch Teile oder den kompletten Auftrag zum Bau der Tankflugzeuge erhält. Die US-Luftwaffe nahm zu dem Rechnungshofbericht zunächst nicht Stellung, sondern erklärte, sie kenne den Bericht und prüfe ihn.
Bei der überraschenden Auftragsvergabe des Pentagon an EADS und seinem amerikanischen Partner Northrop Grumman handelt es sich um einen der bisher größten Aufträge der US-Luftwaffe. Die Lieferung von 179 Tankern hat ein Volumen von 35 Milliarden Dollar (22,6 Milliarden Euro). Auch die Aussicht auf mögliche Folgeaufträge ist mehr als verlockend. Mit den verbundenen Serviceleistungen wäre der Auftrag knapp 100 Milliarden Dollar wert.
Bahnbrechend war die Entscheidung Pentagons im Frühjahr auch in anderer Hinsicht: Fast 50 Jahre lang belieferte Boeing als einziger Hersteller die Ausrüstung der US-Luftwaffe. Die Auftragsvergabe nach Toulouse beendete das Monopol des US-Konzerns bei der Air Force.
EADS "enttäuscht"
EADS würde sich durch den Auftrag den lange erhofften Zugang zum größten Rüstungsmarkt der Welt verschaffen. In einer Stellungnahme vom Mittwochabend hieß es, man sei über die Entscheidung des Rechnungshofes "enttäuscht". Allerdings kommt der Empfehlung, das Verfahren neu aufzurollen, nicht vollkommen überraschend. Schon kurz nach der Vergabe an ein europäisches Unternehmen - zumal im US-Wahlkampf - gab es heftige Proteste von amerikanischer Seite. Das Pentagon hatte kürzlich selbst Fehler bei der Bewertung der Angebote eingeräumt.
Neben Gallois zeigte sich auch der französische Arbeitsminister Xavier Bertrand optimistisch, das EADS aus einer neuen Ausschreibung als Sieger hervorgehen könnte. "Ich glaube an die Trümpfe des Konzerns", sagte er dem Sender LCI. Wenn der Tanker der Europäer bei der ersten Prüfung der bessere war, werde er sich auch in einem zweiten Wettbewerb durchsetzen.
(Ag./Red.)