Zum ersten Mal seit Juni 2007 hat die Europäische Zentralbank den Leitzinssatz erhöht: Von 4,00 auf 4,25 Prozent. Die Währungshüter nehmen damit den Kampf gegen die Inflation wieder auf.
Wie erwartet hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leizins für die Euro-Zone um 0,25 Prozentpunkte von 4,0 auf 4,25 Prozent erhöht. Es ist die erste Zinserhöhung seit den ebenfalls +0,25 Prozentpunkten auf 4,00 am 6. Juli 2007.
Die EZB nimmt damit den seit einem Jahr unterbrochenen Kampf gegen die steigende Inflation - aktuell vier Prozent - wieder auf. Die Pause war durch die Finanzkrise notwendig geworden. Die EZB hatte trotz massiver Kritik vor allem aus der Politik den Leitzinssatz nur gehalten und nicht gesenkt, wie das etwa die US-Notenbank Fed zur Abfederung der Finanzkrise tat.
Zinssatz steigt seit 2003
Der Kampf gegen die Inflation dauert bei der EZB schon seit 2003 an. Denn die letzte Leitzinssenkung war im Juni 2003, seit gab es nur mehr Erhöhungen. Die Zinsschritte im Überblick:
Bei einem höheren Leitzins nehmen die Geschäftsbanken weniger Geld bei den Zentralbanken auf. So wird die Geldmenge gesamt geringer und das Geld folglich mehr wert - denn auch der Preis für Geld bildet sich aus Angebot und Nachfrage.
Erhöhung gegen alle Proteste
Der erwarteten Leitzinserhöhung waren Proteste aus ganz Europa vorhergegangen. Sie wurde "pures Gift für die Konjunktur" genannt und für den möglichen Verlust von "hunderttausenden Arbeitsplätzen" verantwortlich gemacht, wie es der Deutsche Gewerkschaftsbund formulierte. Zudem würden die Notenbanker ihrem Ziel der Inflationsbekämpfung mit einem Zinsschritt nicht näher kommen, weil weltweit die Nachfrage nach Energie und Lebensmitteln hoch bleibe und die Teuerung anheize. "Die EZB kämpft gegen Windmühlen."
Die letzte Erhöhung für die nächste Zeit
Eine weitere Straffung der geldpolitischen Zügel ist laut Jean-Claude Trichet in nächster Zeit aber eher unwahrscheinlich. Trichet betonte, die EZB wolle mit ihrer Entscheidung auch sogenannte Zweitrundeneffekte verhindern und gegen die mittelfristigen Risiken für die Preisstabilität angehen.
Die EZB werde die Entwicklungen aller Preise in der nächsten Zeit "sehr genau beobachten".
Weil in den Erläuterungen Trichets keinerlei Anzeichen für weiter geplante Zinserhöhungen erkennbar waren, gab der Kurs des Euro im Verlauf des Nachmittages nach. Gegen 16 Uhr lag die europäische Gemeinschaftswährung bei 1,576 Dollar.
Banken heben Sparbuchzinsen an
Ein höherer Leitzins bewegt vor allen Kleinanleger dazu, ihr Geld eher auf dem "Sparbuch" liegen zu lassen denn in Aktien zu investieren. Denn ein höherer Leitzins auch die Sparzinsen der Geschäftsbanken mit nach oben zieht. Einige österreichische Geldhäuser reagierten bereits oder haben es unmittelbar vor:
Die Erste Bank erhöht die Zinsen für Kapitalsparbücher ab Montag (7. Juli). Das s Kapital-Sparbuch mit 12 Monaten Laufzeit wirft künftig 4,250 (bisher 4,00) Prozent. Das erstmals angebotene 30-Monats-Kapitalsparbuch kommt mit 4,50 Prozent neu auf den Markt. Spareinlagen mit variabler Verzinsung - wie s Plus Sparen, Profit Konto oder s Prämien Sparen - werden gemäß Zinsanpassungsklausel per 15. Juli um 0,375 Prozent angehoben.
Die ING-DiBa Direktbank Austria hob die Verzinsung für Direkt-Festgeld mit Laufzeit über 12 Monaten auf 4,5 (ab 10.000 Euro) bzw. 4,75 Prozent (ab 50.000) Euro an. Für die Laufzeit 6 Monate blieben die Zinssätze unverändert bei 4,25 bzw. 4,5 Prozent.
Unvermeidlich: Kredite werden teurer
Teurer werden auch Kredite: Bestehende Kredite werden per 15. September laut Zinsgleitklausel angepasst, im Kredit-Neugeschäft gebe es "vorerst keine Anpassungen", erklärte ein Sprecher der Ersten.
Die Verteuerung von Krediten ist aber eine logische Konsequenz von einem höheren Leitzinssatz: Die Geschäftsbanken müssen auch mehr für Darlehen bei den Zentralbanken bezahlen. Diese Mehrkosten geben sie an ihre Kunden weiter. Daher wirken Leitzinserhöhungen (zumindest kurzfristig) oft Konjunkturhemmend. Denn weniger Kredite führen meist zu weniger Investitionen der Unternehmer.
(APA/Red.)