Einen hässlicheren Start kann es für ein Museum zeitgenössischer Kunst nicht geben.
Die Leitung des „Museion“ in Bozen ist nach heftiger Kritik in die Knie gegangen und hat Martin Kippenbergers altbekannten gekreuzigten Frosch „Fred“ schamhaft hinter Zeitungsausschnitten zu diesem mittlerweile auch schon 18 Jahre alten „Skandal“ versteckt. Einem wahlkämpfenden Südtiroler Politiker reicht das noch immer nicht – er ging in Hungerstreik, schließlich naht der Papst zum Sommerurlaub. Und nicht einmal Kippenberger selbst kann mit seinem Eierwagen und einem Topf seiner geliebten Nudeln zur Fütterung des Empörten vorbeikommen. Denn Kippenberger ist 1997 gestorben, in Wien, einer der ganz großen, einer, der so intensiv gelitten und gefeiert, getrunken und gequält, Kunst gemacht und provoziert hat wie kaum ein Künstler seiner Zeit.
Mit dem Frosch am Kreuz hat er sich ganz zynisch selbst gemeint, den Künstler am Kunstkreuz, ein erbärmlicher Anblick, besoffen, mit heraushängender Zunge, das Krügel in der einen, die Schöpfungskraft nutzlos in der anderen Hand. Das macht der Alkohol, das will das Klischee, das schon Dürer in seinem Selbstporträt als Christus strapaziert hat. Jeder Mensch ist ein Künstler, predigte Beuys. Jeder Künstler ist ein Mensch, antwortete Kippenberger. Aber wehe, er gibt sich als solcher zu erkennen.
Das ist ähnlich scheinheilig wie kein Wort zu sagen gegen das Riesengeschäft mit massenproduzierten Plastikkitschfiguren vor jedem Wallfahrtsort. Auch die hatte Kippenberger – der nie aus der Kirche ausgetreten ist, er wollte ja in den Himmel – vor den Augen, als er bei einem Tiroler Herrgottschnitzer seine Frösche in Auftrag gab. Alles Geschichten, nachzulesen in Susanne Kippenbergers ausführlicher Biografie ihres Bruders.
Und jetzt zu Wien, dieser Weltstadt: Hier wurde erst kürzlich im Dommuseum ein deftiges Abendmahl-Bild von Hrdlicka aufgehängt, das angeblich ein paar religiös Fühlende gepeinigt hat. Was aber ist mit meinen Gefühlen? Was mit denen der Künstler? Ein Werk abzuhängen, das ist wie Mord, es zu verhängen wie Dunkelhaft. Wenn sich ein Museum schon dazu entschließt, provokante Kunst zu zeigen, dann muss es auch stark genug sein, ihre Qualität zu vermitteln. Denn Kunst kommt von kommunizieren.
Hat Kippenberger gesagt.
almuth.spiegler@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2008)