Westenthaler verurteilt: „Empfindliche Strafe“ nötig

(c) APA (Helmut Fohringer)
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Richter verhängte neun Monate bedingt über den „uneinsichtigen“ BZÖ-Chef. Dieser fühlt sich politisch verfolgt.

Wien. BZÖ-Chef Peter Westenthaler ist an sich ein Politiker, der mit allen Wassern gewaschen ist. Bei seinem Prozess wegen falscher Zeugenaussage am Dienstag wirkte er aber ein bisschen nervös. Während der Verhandlung beschwerte er sich über lachende Zuschauer im Publikum und vermutete, dass ihm diese schaden wollen. In einer Verhandlungspause ließ der BZÖ-Chef seinem Unmut über die unbequeme Anklagebank freien Lauf. Und nach dem Richterspruch ging die Westenthaler-Show erst so richtig los, als er gegen das aus seiner Sicht „politische Urteil“ hetzte.

Neun Monate bedingte Haft lautete das Urteil (nicht rechtskräftig), das Richter Peter Liebetreu am Wiener Straflandesgericht über den Politiker sprach. Liebetreu war sich nach dem zweitägigen Prozess (der erste Verhandlungstag war im Juni) sicher, dass Westenthaler im Prozess gegen seinen Leibwächter Siegfried Kobal falsch ausgesagt hatte.

Kobal war im Vorjahr rechtskräftig verurteilt worden, weil er in der Nacht nach der Nationalratswahl im Oktober 2006 den Pressesprecher der kurz zuvor aus dem BZÖ ausgetretenen Justizministerin Karin Gastinger brutal aus einem Wiener Lokal geworfen hatte. Westenthaler soll nach Angaben von Zeugen den Rauswurf von Gastingers Pressesprecher durch seinen Leibwächter angeregt haben oder zumindest mit Pöchinger eine lebhafte Diskussion geführt haben. Westenthaler hatte im Prozess gegen seinen Leibwächter aber angegeben, nichts in diese Richtung bemerkt zu haben. Es habe sich nur um einen „sehr fröhlichen Abend“ gehandelt.

Die am Dienstag vernommenen Zeugen konnten Westenthaler nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend entlasten. So gab etwa der einstige BZÖ-Klubchef Herbert Scheibner an, die Umstände des damaligen Tumults nicht mitbekommen zu haben. Scheibner versicherte nur, dass er nicht (wie von Kobal behauptet), den Rauswurf von Gastingers Pressesprecher mitinitiiert hatte.

„Glaubwürdige Zeugen“

Richter Liebetreu führte in seiner ausgiebigen Urteilsbegründung aus, warum er Westenthaler schuldig sprach. So sei Westenthaler nicht nur von seinem einstigen Leibwächter (der nach seiner Verurteilung nichts mehr zu verlieren hat), sondern auch von vielen „unbedenklichen, glaubwürdigen Zeugen“ – etwa einer durch die Ruhestörung geweckten Anrainerin – belastet worden.

Das Pikante: Westenthaler hätte im Vorjahres-Prozess gegen seinen Leibwächter eigentlich gar nicht aussagen müssen, da er sich selbst belasten hätte können. Obwohl er darauf mehrfach aufmerksam gemacht worden war, bestand der BZÖ-Chef aber darauf, auszusagen. „Das habe ich noch nie gesehen“, meinte dazu Richter Liebetreu. Er ortete eine „absolute Schulduneinsichtigkeit“ Westenthalers. Dieser tue so, also ob er „die Wahrheit selbst wäre“. „Als jemand, der in der Öffentlichkeit steht, haben Sie mit dieser Vorbildwirkung ein ganz schlechtes Bild geliefert“, erörterte der Richter weiter. Diese Schulduneinsichtigkeit sei „beinahe ein Erschwerungsgrund“, so Liebetreu. Als mildernd wertete er nur die bisherige Unbescholtenheit des orangen Politikers.

Der Richter betonte, dass bei einem Ersttäter beim Delikt falsche Zeugenaussage (Höchststrafe: drei Jahre) eigentlich zunächst an eine Geldstrafe zu denken wäre. Dann wäre aber bei der Bevölkerung der Eindruck entstanden, „die oben haben es sich wieder gerichtet“. Daher, so Liebetreu, sei eine „doch empfindliche Freiheitsstrafe“ nötig. Breiten Raum widmete Liebetreu auch den Angriffen Westenthalers auf die Justiz in der Vergangenheit. „Wir sind keine rote Justiz, wir machen keine Schmutzkübelkampagne gegen Sie“. Das Urteil sei ohne Rücksicht auf das Ansehen der Person gefällt worden.

Diese Erörterungen empörten wiederum Westenthaler nach dem Urteilsspruch besonders: Der Richter habe „politische Äußerungen von mir als strafverschärfend herangezogen“, meinte Westenthaler. Es gebe jetzt auch gar kein Urteil gegen ihn. Sondern nur einen „Richterspruch, der nicht halten wird“. Tatsächlich legte Westenthalers Anwalt volle Berufung gegen das Urteil ein. Noch glaube er an den Rechtsstaat, erklärte der BZÖ-Obmann.

Freispruch für BZÖ-Sprecher

Erfreulich endete der Prozesstag für Westenthalers Pressesprecher Lukas Brucker, der mitangeklagt war. Er hatte ebenfalls angegeben, nichts von den Tumulten mitbekommen zu haben. Bei ihm konnte aber nicht bewiesen werden, dass er den Vorfall tatsächlich gemerkt hat. Möglicherweise geht es aber auch hier noch in die nächste Instanz: Denn der Staatsanwalt gab zu beiden Urteilen noch keine Erklärung ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2008)

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