Grüne gegen Orange: Tierschutz kontra Kinderschutz

Jörg Haider, Ingrid Thurnher, Alexander van der Bellen
Jörg Haider, Ingrid Thurnher, Alexander van der BellenAP (Ronald Zak)
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Ein emotionales TV-Duell Haider-Van der Bellen: Grüne schließen - wenig überraschend - Koalition mit dem BZÖ aus.

Wien (ewi). Grünen-Chef Alexander Van der Bellen gerät gleich zu Beginn in die Defensive. Moderatorin Ingrid Thurnher spricht von den Vorwürfen der Polizei gegen Tierschützer Martin Balluch. Werden die Grünen an seiner Kandidatur festhalten? „Die Straftaten werden vor Gericht zu klären sein", antwortet Van der Bellen und sucht nach einer Art Rettungsanker: Auch die Grünen seien aus der illegalen Besetzung der Hainburger Au entstanden.
Zu diesem Zeitpunkt des ORF-Duelle Grüne gegen BZÖ lehnt sich Jörg Haider noch zurück. Er sei wegen einer plötzlichen Infektionserkrankung vor vier Stunden in Vollnarkose gewesen, beginnt er, um dann ruhig lächelnd, im Inhalt aber aggressiv, sein Gegenüber herauszufordern: Die Grünen machen sich für Tierschutz stark, aber nicht für Kinderschutz. Da hätten sie BZÖ-Anträge im Parlament abgelehnt. „Tierschutz gegen Kinderschutz auszuspielen, finde ich niederträchtig", kontert ein erregter Van der Bellen.

Und erwartungsgemäß kontroversiell geht es weiter: Abschiebung von Asylanten. Verfassungsgerichtshof und Ortstafeln. Der Fall Arigona. Haider unterbricht Van der Bellen immer wieder, dieser ist der Weißglut nahe, kann sich nur mit Mühe beherrschen. Haider wirft seinem Kontrahenten Unwissen vor. Van der Bellen schüttelt nur den Kopf.

Wechsel zum Thema Verkehr. Van der Bellen hält eine Lkw-Maut für populär. Haider wirft den Grünen die laut Wahlprogramm geforderte Pkw-Maut vor, überlässt aber Thurnher und dem Grünen-Chef weitgehend das Thema.

Die Moderatorin spricht das Pensionsthema an. Van der Bellen sieht keinen Anlass, das Pensionsalter hinaufzusetzen. Länger arbeiten ja, wenn es einem Spaß macht. Haider: Das BZÖ habe in seiner Regierungszeit das von Van der Bellen geforderte Bonussystem für länger Arbeitende schon geschaffen. Und auch die Hacklerregelung hebt Haider hervor. Van der Bellen widerspricht nicht, auch er hält diese nach 45 Arbeitsjahren für gerechtfertigt.

Unbestrittene Hacklerregelung

Ingrid Thurnher verzweifelt fast. Wie kann das Pensionssystem leistbar bleiben? Van der Bellen verweist auf die Zuwanderer und deren Beitrag zur Finanzierung. Haider hält den Zuwanderern wiederum das Problem der arbeitslosen Österreicher entgegen. Was sagen die Diskussionspartner zu einer Dreierkoalition? „Das BZÖ und Herr Haider haben Gelegenheit genug gehabt zu zeigen, was sie in einer Bundesregierung können", so Van der Bellen. Der Vertrauensvorschuss für Haider sei den Bach heruntergegangen. Über eine Koalition mit dem BZÖ zerbreche er sich nicht den Kopf.

Haider ist da anderer Meinung. Die Grünen in einer Regierung, das wäre sehr interessant. „Wir beiden müssten Interesse haben, nicht feindselig zu sein, sondern uns kennen zu lernen", sagt er - und das ist angesichts des Zeitbudgets schon der Schlusssatz. Jörg Haider hat damit gepunktet.

(Die Presse, Print-Ausgabe, 4. 9. 2008)

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