Gut, dass das mein Chef nicht sieht...

(c) Reuters (Jim Young )
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Damit es mir nicht wie Obama oder Strache ergeht, habe ich mein Archiv intensiv durchforstet.

Die schönste Karriere kann den Bach hinuntergehen, wenn unangenehme Dinge aus der Vergangenheit oder dem Privatleben an die Öffentlichkeit dringen. Man kann sich richtig vorstellen, wie sich die amerikanisch-prüde Gesellschaft gierig auf die republikanische Kandidatin für das Vizepräsidentenamt, Sarah Palin, stürzte, als ruchbar wurde, dass ausgerechnet die Tochter der „Kein-Sex-vor-der-Ehe“-Verfechterin schwanger ist. Und ledig.

Ebenso unangenehm muss es auf demokratischer Seite für Barack Obama gewesen sein, als plötzlich Fotos auftauchten, die ihn in der Kleidung somalischer Muslime zeigte – gerade in Zeiten islamophober Panikmache kommt das beim Wahlvolk nicht ganz so gut. Und auch Heinz-Christian Strache soll es gar nicht so lustig gefunden haben, als in den Medien Bilder auftauchten, die ihn beim Sport im Wald zeigten – da half auch die Adjustierung im Tarngewand nichts.

Damit es mir nicht einmal genauso ergeht und ich mich auf einmal mit verwerflichen Fotos aus meiner Vergangenheit konfrontiert sehe, habe ich mein Archiv durchforstet. Und tatsächlich stieß ich bei meiner Recherche auf brisantes Material – eine Jugendsünde, die an jenem Tag entstand, an dem Sozialminister Erwin Buchinger seinen Schnauzer für ein paar Tausend Euro dem Rasiermesser opferte. Ein Bild, das mich als Antipode zu jenem Mann zeigte, der seine proletarischen Haarwurzeln mit Füßen trat, indem er sie dem schnöden Mammon opferte. Sie können sich vorstellen, dass dieses brisante Foto nun wie ein Damoklesschwert über meinem Arbeitsplatz schwebt. Man weiß gar nicht, ob man lieber die Hände zum Beten falten oder eher über dem Kopf zusammenschlagen sollte. Gut, dass mein Chef dieses Foto niemals sehen wird...


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2008)

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