Der bayerische Ministerpräsident gibt sich ungewohnt liberal und rät Besuchern des Oktoberfests nach zwei Maß noch mit dem Auto zu fahren. Exekutive, Drogenbeauftragte und Opposition schäumen.
Ab Samstag wird in der bayerischen Hauptstadt München für drei Wochen im Ausnahmezustand versinken. Der Grund dafür kehrt jährlich wieder und nennt sich Oktoberfest. Während der kollektive Rausch auf der Theresienwiese im Land von Weißwurst und -bier die Gemüter völlig kalt lässt, sorgt der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein dieser Tage mit seiner Einstellung zur "Wies´n-Maß" (ein Liter Bier mit höherer Stammwürze, ergo Alkoholgehalt) für Aufregung.
Der Ex-Innenminister erklärte zum Entsetzen seiner ehemaligen Untergeben von der Exekutive öffentlich, er halte es vertretbar, wenn ein Wies´n-Besucher nach zwei Maß noch mit dem Auto nach Hause fahre. "Wenn man die zwei Maß in sechs, sieben Stunden auf dem Oktoberfest trinkt, ist es noch möglich", erklärte Beckstein in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Voraussetzung: Es handle sich bei dem Fahrer um "ein gestandenes Mannsbild". Dabei war es Beckstein gewesen, der während seiner Amtszeit einen rigorosen Kurs gegen Alkohol am Steuer gefahren - Senkung der Promillegrenze auf 0,5, bei Fahranfängern sogar auf 0,0 inklusive.
"Einen über den Durst getrunken"
Die Reaktionen auf Becksteins Feierlaune ließen nicht lange auf sich warten. "Beckstein hat wohl einen über den Durst getrunken", erklärte etwa Sabine Bätzing, die Drogenbeauftragte der deutschen Bundesregierung. Zwei Liter Bier würden die Trinkmengen-Empfehlung der WHO um das Dreifache überschreiten.
Als "unmöglich" bezeichnete der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Harald Schneider, die Aussage Becksteins. "Ich frage mich, was ihn da geritten hat", sagte Schneider am Dienstag. "So was macht unsere Arbeit ja zunichte."
Die Grünen wittern hinter Becksteins Bierlaune einen Wahlkampf-Coup. Bayern wählt am 28. September einen neuen Landtag. Und diese Wahl wolle der Ministerpräsident nun offensichtlich mit dem Motto "Oans, zwoa, gsuffa und dann gscheid Gas geben" hinter sich bringen, so die bayerischen Grünen.
(Ag./Red.)