Matura und Bachelor gleichzeitig: Alles eine Frage der Einteilung

Felix Ohswald
Felix Ohswald Die Presse
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Während Felix Ohswald zur Schule ging, absolvierte er auch ein Mathematikstudium. Als "Wunderkind" sieht sich der 19-Jährige dennoch nicht.

So wirklich repräsentativ für seine Generation ist Felix Ohswald eher nicht. Zumindest gibt es nicht allzu viele, die in ihren Lebenslauf schreiben können, dass sie die Matura und einen Universitätsabschluss annähernd gleichzeitig geschafft haben. Dem 19-jährigen Wiener ist das gelungen. Und so beiläufig, wie er es erzählt, klingt es, als wäre das das Normalste auf der Welt. „Ich habe mit 14 die Möglichkeit gesucht, mich weiterzubilden.“ Und über das Österreichische Zentrum für Begabtenförderung und Begabungsforschung (ÖZBF) schaffte er es, sich an der Universität Wien für das Mathematikstudium einzuschreiben – zunächst einmal als Gasthörer. „Anfangs war das ja eher ein Zeitvertreib.“

Ein Zeitvertreib, der ihm nicht allzu schwerfiel – obwohl er das Studium neben dem regulären Schulunterricht machte. „Wenn man es sich zeitlich gut einteilt, geht sich das schon aus.“ Natürlich, die eine oder andere Unterrichtsstunde musste er zugunsten der Uni auslassen – das war auch kein Problem, denn die Schule stellte ihn dafür frei. Und klar, das Versäumte musste er nachholen, doch auch das, meint er, sei kein Problem gewesen. „Man könnte“, sagt er, „theoretisch vier verschiedene Sachen nebeneinander machen.“


Langweilig? Eher nicht. Parallel in die Schule und auf die Uni gehen – das sind doch zwei verschiedene Welten. Da der strikte Stundenplan in einer fixen Klassengemeinschaft und viele verschiedene Fächer, dort eine recht freie Struktur mit spezialisierten Lehrveranstaltungen. Und dazwischen nur wenige Überschneidungen. „Hochschulmathematik hat mit Schulmathematik nicht viel zu tun“, meint Ohswald. Auch der Unterrichtsstil ist ein völlig anderer. Während es in der Schule einen Lehrer gibt, den man persönlich ansprechen kann, hat man auf der Uni viel weniger Bezug zum Professor: „Der kommt einfach rein und trägt vor – und bei der Prüfung muss man es halt können.“

Wenn man dem 19-Jährigen mit den langen blonden Haaren und der getönten Brille zuhört, könnte man meinen, er hätte in seinem Leben noch nie ein größeres Problem gehabt. Dass er mit 14 Jahren plötzlich mit über 20-Jährigen in der Vorlesung sitzen musste – kein Problem. „Ich habe durch meine Körpergröße immer schon älter ausgeschaut.“ Dass seine Schulfreunde vielleicht Neid auf ihn empfinden könnten? Im Gegenteil, man habe sich für ihn gefreut. „In der Klasse war jedenfalls alles gut.“ Und dass er neben dem spezialisierten Uni-Stoff auch noch Schulwissen aufnehmen musste? „Ich würde nicht sagen, dass es langweilig war, denn die Schule war immer noch ein Weiterbildungsort. Dort konnte ich mich eben in andere Fächer, etwa Biologie, Physik oder Geschichte vertiefen.“ Als er schließlich die Matura hatte, wurden ihm seine vorher gemachten Uni-Veranstaltungen angerechnet – und er kann sich seither mit dem Titel eines Bachelor of Science schmücken.

Den Begriff „Wunderkind“, der in diesem Zusammenhang oft fällt, kann er nicht ganz nachvollziehen. Es sei ja nicht so gewesen, dass er schon mit zwei Jahren rechnen konnte. Vielmehr habe er sich als Teenager für Computer interessiert. Und über das Programmieren sei eben das Interesse an Mathematik gewachsen.

Lernen stand und steht für Felix Ohswald im Mittelpunkt. „Aber man muss schon auch schauen, dass man Freizeit hat. Und man muss aufpassen, dass man nicht sozial abdriftet.“ Was er, man ahnt es schon, auch ohne größere Probleme bewerkstelligte. Und neben Schule und Uni schaffte er es auch, abends fortzugehen und seine Freundschaften zu pflegen. Wobei er vorrangig mit seinen gleichaltrigen Schulfreunden unterwegs war. Die berühmt- berüchtigten Studentenpartys interessierten ihn nicht. „Ich bin nicht auf die Uni gegangen, um dort Freundschaften zu knüpfen.“

Wobei, die eine oder andere Freundschaft ist auf der Uni dann doch entstanden. Denn eines, so meint er, sei er ganz bestimmt nicht – ein Eigenbrötler, der nur daheim über seine Mathematikaufgaben gebeugt sitzt. Nein, man müsse schon auch offen sein. Das habe er spätestens gemerkt, als er nach seinem Bachelor und auf Empfehlung zweier Professoren zwei Semester auf der Universität in Cambridge verbrachte. Dort gehört Networking noch viel stärker dazu als an österreichischen Unis.

„Vom Inhalt her ist Mathematik in Wien genauso gut wie in Cambridge“, meint er. „Aber das Umfeld ist ein ganz anderes. Dort kommen nur die Besten der Besten zusammen.“ Und zusätzlich seien dort nicht nur Mathematiker unter sich, sondern man lebt am College auch mit Leuten aus anderen Studienrichtungen zusammen. „Da entstehen im Dialog viele spannende Sachen. Das habe ich in Wien so nicht erleben können.“


Praktikum bei der Nationalbank. Und doch, zurück nach Cambridge will er vorerst nicht. „Jetzt will ich erst einmal Berufserfahrung sammeln.“ Nach seiner Spezialisierung auf Finanzmathematik beginnt er in Kürze ein Praktikum in der statistischen Abteilung der Nationalbank. Daneben hat er eine iPhone-App programmiert, für die er gerade Investoren sucht. Und in einem Jahr will er zum Studieren in die USA, nach Stanford oder Princeton. Während er davon spricht, blitzt kurz auf, dass das nicht ganz so leicht werden könnte. „Das ist ein mühsames Prozedere, dort aufgenommen zu werden. Vor allem für Europäer.“ Dann ist es aber gleich wieder da, dieses Gefühl, dass es eigentlich keine größeren Probleme für ihn gibt.

Am Ende, sagt er, will er aber doch wieder in Österreich leben: „Ich schätze die hohe Lebensqualität.“ Wenngleich er die eine oder andere Einschränkung für sich sieht. Dass es nämlich schwierig sei, von Österreich aus internationale Kontakte zu knüpfen. An den Unis würden Firmen kaum rekrutieren. „In Cambridge kommt Goldman Sachs auf die Uni – in Österreich passiert das nicht.“ Und auch für Start-ups sei es schwierig, tatsächlich durchzustarten, meint er. „Im Silicon Valley kriegt man schon für eine zehnseitige Powerpoint-Folie 100.000 Dollar.“

Hochbegabt

Felix Ohswald wurde 1995 in Wien geboren. Im Alter von 14 Jahren begann er, neben der Schule auch Mathematik an der Universität Wien zu studieren, und spezialisierte sich dabei auf den Bereich Finanzmathematik. 2013 schloss er mit dem Bachelortitel ab. Danach ging er für zwei Semester nach Cambridge. 2015 will er in den USA studieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.10.2014)

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