China präsentiert sich afrikanischen Ländern gern als fairer Partner. Zudem hat es Erfahrung in der Seuchenbekämpfung. Zum Kampf gegen Ebola trägt es bisher aber nur wenig bei.
Peking. Im Umgang mit den Ländern Afrikas erhebt China den Anspruch, ein besonderer Wohltäter zu sein: als Wirtschaftsmacht, als Handelspartner und als vermeintlich faireres Gegenüber als die Industrieländer des Westens. Doch bei der ersten wirklichen Bewährungsprobe hat die Führung in Peking versagt. Bisher hat sie kaum etwas zur Bekämpfung von Ebola in Westafrika beigetragen.
Gerade einmal rund 35 Millionen Dollar hat die Volksrepublik für den Kampf gegen die Epidemie zur Verfügung gestellt. Das ist im Verhältnis sehr wenig. Die deutsche Bundesregierung beispielsweise hat sich dazu durchgerungen, 130 Millionen Euro beizutragen – wenn auch erst nach massiver Kritik, dass auch Deutschland das Problem allzu lange vernachlässigt habe. Die US-Hilfe liegt derzeit bei über 750 Millionen Dollar. Großbritannien hat 200 Millionen Dollar zur Ebola-Bekämpfung bereitgestellt.
Nun haben die Vereinten Nationen Chinas Milliardäre dazu aufgefordert, einen größeren Beitrag im Kampf gegen Ebola zu leisten. „Wo bleiben die chinesischen Milliardäre?“, fragte der für China zuständige Vertreter des Welternährungsprogramms (WFP), Brett Rierson. Dieses Mal könnten sie wirklich etwas bewegen, sagte er. Microsoft-Gründer und Philanthrop Bill Gates hatte China schon vor einer Weile dazu aufgefordert, bei der Seuchenbekämpfung „eine größere Führungsrolle“ zu spielen, indem es unter anderem auch seine eigenen Erfahrungen teile. Mit rund 50 Millionen Dollar hat seine Stiftung bereits mehr gespendet als China und Indien zusammen.
Erfolg im Kampf gegen Sars
Tatsächlich verfügt China über sehr viel Erfahrung in der Seuchenbekämpfung. Vor elf Jahren drohte sich die Lungenseuche Sars von Südchina aus via Hongkong über die ganze Welt auszubreiten. Mehr als 8000 Menschen hatten sich infiziert, jeder zehnte Erkrankte starb. Weil die Gesundheitsbehörden in Hongkong und China konsequent sämtliche Maßnahmen umsetzten, die ihnen die Experten damals ausgearbeitet hatten, konnte eine Pandemie verhindert werden. Nach weniger als einem halben Jahr war der Spuk vorbei. Seitdem ist China bei der Bekämpfung von Seuchen führend. Bis heute befinden sich an jedem Flughafen und den meisten Bahnhöfen Wärmesensoren, die die Körpertemperatur der Passagiere messen und Auffälligkeiten sofort melden.
Die Lehren von damals könnten nun auch in Westafrika von großer Hilfe sein. Ein Sprecher der chinesischen Gesundheitsbehörden versicherte, sein Land bilde ja einzelne Ärzte für die Region aus und wolle weiteres Hilfspersonal schicken. Doch verglichen mit der Hilfe, die China 2003 vom Ausland und der Weltgesundheitsorganisation erhalten hatte, ist der jetzige chinesische Beitrag sehr gering.
Dabei leben in Afrika derzeit rund eine Million Chinesen, davon rund 10.000 in den drei von Ebola betroffenen Ländern. China ist der größte Investor in dieser Region. Doch nicht nur die chinesische Führung, sondern auch die meisten Chinesen nehmen ihr eigenes Land noch immer als Entwicklungsland wahr. Es kommt ihnen nicht in den Sinn, nun sehr viel ärmeren Ländern zu Hilfe zu eilen.
Immerhin hat sich nun ein chinesisches Pharmaunternehmen mit dem Namen Sihuan Pharmaceutical bereit erklärt, ein bisher ungeprüftes Ebola-Medikament in die betroffenen Länder zu schicken. Zunächst einmal soll es nur chinesischen Entwicklungshelfern zur Verfügung gestellt werden, falls diese sich anstecken sollten. Das Unternehmen hat aber angekündigt, klinische Studien auch an afrikanischen Ebola-Patienten durchzuführen, falls das von den dortigen Regierungen erwünscht wird. Sollten diese Studien erfolgreich sein, will das Unternehmen das Mittel dann relativ schnell auch flächendeckend in den betroffenen Ländern einsetzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2014)