Hooligans in Köln: "Kampf gegen Salafismus ist nur ein Alibi"

Die Polizei sieht sich mit wachsender Gewalt in der Hooliganszene konfrontiert.
Die Polizei sieht sich mit wachsender Gewalt in der Hooliganszene konfrontiert.(c) REUTERS
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Rechte Gruppen und gewaltbereite Fußballfans vereinten sich in Köln zu einer Demonstration, die Polizei und Verfassungsschutz noch länger beschäftigen wird.

"Die nächste Demo wird in Berlin sein", heißt es auf der Facebookseite von "Fußballfans gegen Salafisten". Und: "Scheiß egal wie die Polizei gegen uns vorgeht, wir sind das Volk und Lassen (sic!) uns nicht unterdrücken". Was die gerne als "HoGeSa" ("Hooligans gegen Salafisten") abgekürzte Gruppe plant, könnte für die Berliner Polizei zum Albtraum werden. Schauplatz Köln am Sonntag: Dort katapultierten sich die "HoGeSa" am Sonntag ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Es waren nicht gerade freundliche Schlagzeilen. Bei Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei wurden 44 Polizisten verletzt und mindestens 20 Demonstranten verhaftet.

Mindestens 4000 Menschen (auf Facebook ist von 5000 die Rede) versammelten sich am Sonntagnachmittag in Köln Hauptbahnhof um gegen extremistische Islamisten zu demonstrieren. Schirmherrschaft über die Kundgebung hatte der lose Zusammenschluss "Fußballfans (oft "Hooligans", Anm.) gegen Salafisten", der sich auf Facebook formierte. Schon vor Beginn der offiziell angemeldeten Demonstration wurden am Kölner Hauptbahnhof "Ausländer-raus"-Rufe angestimmt, wovon auch mehrere Videos zeugen. 57 Anzeigen sind die Folge. Die Polizei wertet noch Videoaufnahmen aus. Es könnte noch mehrere Anzeigen geben, sagte der Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, Ulf Willuhn, am Montag.

Wer war beteiligt?

Warum die Lage eskalierte, das sehen Polizei und Hooligans erwartungsgemäß unterschiedlich. Demonstranten warfen Flaschen, Steine, Fahrräder und Feuerwerkskörper auf die Beamten, hieß es von Seiten eines Polizeisprechers gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger, sagte im ZDF-Morgenmazin, dass die Demonstration vom Veranstalter abgebrochen worden sei. Die Teilnehmer hätten sich geweigert, das Veranstaltungsgelände zu verlassen. Unter Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfern hätte die Polizei die Demonstranten zum Hauptbahnhof geleitet.

Die Hooligans sprechen hingegen von einer Einkesselung der Demonstranten. Die Menschen hätten versucht zu entkommen. Es sei eine Eskalations-Taktik der Polizei gewesen, keine Deeskalation, so der Tenor der Vorwürfe auf den einschlägigen Facebook-Seiten.

Szenen am Kölner Hauptbahnhof am Sonntagabend.
Szenen am Kölner Hauptbahnhof am Sonntagabend.(c) APA/EPA/THILO SCHMUELGEN

Wer steckt hinter "HoGeSa"

Welche Personen hinter der "HoGeSa" der Demonstration stecken, ist nicht bekannt. Die Bewegung ist auch nicht an einer einzelnen Facebook-Gruppe festzumachen. Es gibt keine "Mitglieder", sondern großteils Sympathisanten. Es existieren dementsprechend mehrerer Gruppen ähnliche Namens und unterschiedlicher Größe in dem sozialen Netzwerk und auf anderen Plattformen. Die Vernetzung von Hooligans dürfte jedoch ihren Ursprung in der Gruppe "GnuHonnters" haben, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, antirassistische Fangruppen aus den Stadien zu verdängen.

Jedenfalls hätten sich Rechtsextremisten der Bewegung angeschlossen, sagte der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, dem Westdeutschen Rundfunk. Allerdings hätten sie die Demonstration nicht gesteuert. Auch Mitglieder der Parteien "Die Rechte" und der NPD seien beteiligt gewesen.  "Wir beobachten diese Szene - und zwar, weil wir die Rechtsextremisten beobachten, nicht die Hooligans", sagte Freier der Agence France Presse. Denn Hooligans seien nicht das Ziel von Beobachtungen des Verfassungsschutzes. "Aber es ist im Moment nach der Einschätzung der Sicherheitsbehörden keine rechtsextreme, sondern eine gewaltbereite Hooligan-Szene."

Immer wieder wird in Medien auch die selbsternannte "Bürgerbewegung Pro NRW" als Anstifter zu den Unruhen genannt. Dominik Roesler sitzt für "Pro NRW" im Stadtrat von Gladbach. Er soll die Kundgebung angemeldet haben und tatkräfig an der Vernetzung der einzelnen Hooligangruppen mitgewirkt haben, berichtet etwa die "Rheinische Post", die auch Fotos von Roesler bei einer kleineren Demonstration von "HoGeSa" in Dortmund zeigen. Die Partei selbst weist Verwicklungen mit der Demo allerdings vehement zurück. Eine mit Freitag datierte Meldung auf deren Homepage besagt, dass sowohl "Pro Köln" als auch "Pro NRW" die Hooligan-Demonstration dezidiert nicht untersützen. "Pro NRW" ist besonders für Islamismuskritik bekannt. Man betont aber die "Gewaltfreiheit in der polititschen Auseinandersetzung".

"Konzept hat funktioniert"

Die deutsche Politik zeigte sich am Montag betroffen von der Gewalt in Köln. Vorwürfe, die Polizei hätte die Lage falsch eingeschätzt, weißt NRW-Innenminister Ralf Jäger, zurück. Die Polizei hätte von 7000 Online-Anmeldungen zur Kundgebung gewusst und mit 4000 Teilnehmern gerechnet, sagte der Minister im ZDF-Morgenjournal. Das Konzept habe funktioniert.

Die deutsche Polizeigewerkschaft GdP sieht sich allerdings mit einem wachsenden Problem konfrontiert. Aus kleineren Demonstrationen der Hooligans in Mannheim und Essen Anfang Oktober sei nun eine große Bewegung geworden. "Der Kampf gegen den Salafismus ist nur ein Alibi - man will die Gewalt ausleben", sagt der PdG-Landesvorsitzende Arnold Plickert dem "spiegel-online".

Friedliche Gegendemonstrationen

Erst am Abend entspannte sich die Situation in Köln. Die Polizei eskortierte die Demonstranten in kleinen Gruppen durch den Bahnhof zu ihren Zügen, damit sie aus Köln abreisen konnten. Auch dabei kam es immer wieder zu kleineren Rangeleien mit den Einsatzkräften. Gänzlich friedlich war es in Köln bei der Gegendemonstration geblieben. Rund 500 Menschen hatten gegen die Veranstaltung der "HoGeSa"-Aktivisten demonstriert.

>> Artikel im "spiegel-online"

>> Artikel der "Rheinischen Post"

>> Beitrag im ZDF-Morgenmagazin

(klepa/Ag.)

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