Der lange Schatten des Systems Haider

MEHRHEITSUEBERNAHME DER KAERNTNER HYPO DURCH BAYERISCHE LANDESBANK
MEHRHEITSUEBERNAHME DER KAERNTNER HYPO DURCH BAYERISCHE LANDESBANK(c) APA (LPD BODNER)
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In München saß der verstorbene Kärntner Landeshauptmann wieder einmal symbolisch auf der Anklagebank – wohl nicht zum letzten Mal.

Vorweg: Jörg Haider ist keineswegs von einem Münchner Gericht wegen Bestechlichkeit verurteilt worden. Verurteilt wurde Bankmanager Werner Schmidt wegen Bestechung eines Amtsträgers. Das setzt zwar zwangsläufig voraus, dass auf der anderen Seite ein Amtsträger sitzen muss, der sich hat bestechen lassen. Zu einer Verurteilung gehört aber ein faires Verfahren, in dem sich der Beschuldigte verteidigen kann. Und das kann es für Haider sechs Jahre nach seinem Unfalltod naturgemäß nicht mehr geben.

Haider-Verteidiger könnten auch einwenden, dass der frühere Chef der BayernLB nur deshalb gestanden hat, weil er damit einen Deal mit dem Gericht abschließen und einer höheren Strafe entgehen konnte. Doch da spricht schon sehr viel dafür, dass es genau so abgelaufen ist, wie jetzt vom Gericht festgestellt.

Sowohl Zeugenaussagen als auch die tatsächlich stattgefundenen Zahlungsflüsse stützen die These, dass der damalige Kärntner Landeshauptmann beim Verkauf der Hypo Alpe Adria ein Körberlgeld für seinen Fußballverein Austria Kärnten herausgeholt hat. Und das nennt man, wenn der Zahlung keine adäquate Gegenleistung gegenübersteht, landläufig und auch juristisch Bestechung.

Es ist nicht der erste Prozess, in dem das System Haider symbolisch auf der Anklagebank sitzt, und es wird auch nicht der letzte sein. Im Birnbacher-Prozess hat sich der frühere ÖVP-Chef Josef Martinz als Sündenbock gefühlt, der zu hart bestraft wird. Letzteres wohl mit einiger Berechtigung. Das überzogene Sechs-Millionen-Euro-Honorar an den Steuerberater sollte schließlich nicht nur die Kassen der ÖVP, sondern auch jene des BZÖ füllen. Und dass Martinz dabei die treibende Kraft war, wird wohl niemand annehmen, der die damaligen Verhältnisse gekannt hat.

Noch ein Beispiel: Eine irrtümlich zu hoch ausgefallene Spende von zwei russischen Geschäftsleuten (Staatsbürgerschaftskauf war es nach Ansicht des Gerichts ja keiner) hat laut Urteil Haider selbst eingesteckt, weshalb sein Helfer auch freigesprochen wurde.

Wie hätte Haider selbst auf die juristischen Kalamitäten reagiert, würde er heute noch leben? Vermutlich mit ziemlichem Unverständnis, dass dies strafrechtlich relevant sein sollte. Warum soll man nicht mit der zu hoch ausgefallenen Spende (gedacht für die Formel-1-Karriere von Patrick Friesacher, die Russen haben Dollar mit Euro verwechselt) Gutes tun, wird er sich gedacht haben. Warum nicht seinen Fußballklub fördern?

Und noch ein weiteres Geschäft fällt in diesen Rahmen: Der Eurofighter-Konzern EADS hat mehrere Millionen Euro an einen Kärntner Technologiefonds überwiesen – wohl mit dem Motiv, dass Haider in Sachen Eurofighter-Anschaffung nicht querschießt. Ist doch gut für Kärnten, hätte Haider argumentiert und dem Vorwurf der Korruption mit gefinkelter juristischer Argumentation widersprochen. Welche Kreativität der gelernte Jurist Haider dabei an den Tag legen konnte, weiß man spätestens seit seinem Ortstafelverrücken als Reaktion auf Verfassungsgerichtshof-Urteile.


Die Bewertung Jörg Haiders in den Geschichtsbüchern wird ambivalent ausfallen. Er ist zweifellos der Politiker, der am meisten zum Aufbrechen des rot-schwarzen Proporzsystems beigetragen hat. Er hat aber auch wie etliche seiner Gefolgsleute (aber nicht alle!) einen Umgang mit öffentlichen Mitteln praktiziert, der die Ära der schwarz-blauen Regierung diskreditiert und jetzt zu Recht von den Gerichten ausführlich untersucht wird. Die Wurzel für Letzteres liegt im genetischen Code der Haider-Partei begründet: Wer damit Erfolg hat, dass er gezielt Regeln und Tabus bricht, neigt leichter dazu, sich auch im Umgang mit fremdem Geld nicht ganz so strikt an anerkannte Regeln zu halten.

Jörg Haider hätte Korruptionsverfahren gegen sich selbst nicht so einfach hingenommen. Und ihm, dem Meister des Blendens und der strategischen Planung, hätte es durchaus gelingen können, diese abzuwenden. Insofern ist es wohl kein Zufall, dass das System Haider erst jetzt juristisch abgehandelt wird. Für die politische Hygiene des Landes ist es aber von unschätzbarem Wert.

E-Mails an: martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2014)

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