Sponsoring: Alter Ego in der Kunst

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Motive für Unternehmen, den Kulturbetrieb zu unterstützen, sind unterschiedlich. Aber sie prägen die Entwicklung der heimischen Kunstszene mit.

Sponsoren werden zunehmend als Garanten für kulturelle Events in die Pflicht genommen. Denn immer öfter entscheidet erst die Zusage eines Sponsors darüber, ob ein Kunstprojekt überhaupt stattfinden kann – und mit welcher Qualität. Veranstalter bereiten ihre Projekte zusehends so auf, dass sie auf dem hart umkämpften Sponsoringmarkt bestehen können. Bedeutet dies, dass Unternehmen durch ihre Auswahl die österreichische Kulturszene mitprägen?

Im Kulturbereich wird die Rolle des Sponsorings als bedeutend eingestuft. „Zahlreiche Projekte wären ohne das finanzielle Engagement aus dem Kultursponsoring nicht realisierbar“, sagt Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek. Welche Projekte bessere Chancen auf Realisierung haben, offenbart ein Blick auf die Kriterien, nach denen Firmen ihre Auswahl treffen. Wobei es unterschiedliche Gewichtungen gibt, wenn es darum geht, aus dem Marketing- oder PR-Budget die Kultur zu unterstützen: Am heimischen Sponsoringvolumen hat die Bildende Kunst den größten Anteil mit 27 Prozent, gefolgt von Musik (25 Prozent) und der Darstellenden Kunst (21 Prozent). Nur zum Vergleich: In Deutschland ist der Anteil für Bildende Kunst noch höher, in Japan oder Polen hingegen dominiert die Musik.

Kultursponsoring ist Chefsache und wird in den höchsten Gremien entschieden. Wichtig ist neben der Seriösität des Kulturanbieters und der Attraktivität seiner Werbeleistung die Übereinstimmung mit dem Unternehmensziel – die sogenannte Sponsoringmatrix. Dies kann, wie bei der Oesterreichischen Nationalbank, die Erhaltung von österreichischem Kulturgut sein, realisiert durch das Sammlungskonzept „Österreichische Maler der Zwischenkriegszeit“ und belohnt mit dem Kunstsponsoringpreis „Maecenas“ für das Projekt „Das Alte erhalten – die Zukunft gestalten“.

Von innovativ bis interkulturell

Für die Telekom Austria muss ein Projekt zu den Unternehmenswerten „leistungsstark, begeisternd, persönlich und einfach“ passen und einen Link zur Technologie aufweisen – daher das Naheverhältnis zur Ars Electronica. Siemens interessiert sich für die Verbindung von Technik und Kunst als Transfermedien und für die Frage „Wie kommt das Neue in die Kunst?“. Bei der Kommunalkredit arbeitet man Parallelen zu eigenen Dienstleistungen heraus: „Kunst ist individuell und nachhaltig. Wir finanzieren daher Projekte, die die kommenden Generationen inspirieren können“, sagt Reinhard Platzer, Generaldirektor der Kommunalkredit.

Nachhaltigkeit ist beim Sponsoring wichtig. Ebenso ist es die Zielgruppe. Die Raiffeisen Zentralbank konzentriert sich dabei auf die „Topunternehmen Österreichs“ und sponsert Albertina, Wiener Staatsoper, Wiener Musikverein. Für die Bank Austria geht es um junge Künstler im Bereich Bildende Kunst und Musik. Im Vordergrund für die BMW Group stehen der interkulturelle Dialog und die Präsentation als „guter Nachbar“. Auch die Wiener Städtische Versicherung sponsert Events, die über die Grenzen Österreichs hinaus Beachtung finden. Für die Erste Bank dagegen ist es wichtig, dass Projekte gemeinsam entwickelt werden können, und auch, dass das Sponsoring Rückwirkungen auf das Projekt selbst hat.

Im Endeffekt sponsern Unternehmen Projekte, in denen sie sich wiederfinden – sozusagen ihr Alter Ego in der Kunst. Was aber ist mit den kleineren, einmaligen Initiativen, wo der Überraschungsgast die Zielgruppe ist? Solche Projekte fallen – auch durch die Zurücknahme der öffentlichen Hand – oft durch das engmaschige Gitter der Corporate Strategy. Es ist nicht die Aufgabe der Sponsoren, den Bildungsauftrag zu erfüllen. Privatwirtschaftliche Unterstützung ist immer freiwillig und in jedem Fall zu begrüßen.

Zahlreiche Kulturprojekte könnten ohne Sponsoring nicht überleben, Durststrecken überdauern und sich mit der Zeit etablieren. Aber viele, die trotzdem wichtige Botschaften hätten, dringen nicht durch. So gestalten, auch wenn sie nicht darauf abzielen, Unternehmen die österreichische Kulturlandschaft durch ihre Selektion mit.

KUNST UND ZAHLEN

Kunstsponsoringvolumen der österreichi- schen Wirtschaft: geschätzte 43 Mio. Euro; unter Einbeziehung von Sachsponsoring und Know-how-Transfer um ein Drittel höher.

Investitionen im Bereich Kunst und Kultur: seit 1989 versechsfacht.

Volumen in Unternehmen: sechs bis acht Prozent der Marketing- oder PR-Budgets.

Verteilung in Prozent: Bildende Kunst 27, Musik 25, Darstellende Kunst 21, Literatur acht, Film/Fotografie acht, Architektur/ Design sieben, Neue Medien sechs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2008)

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