Nenn mich doch einfach Karina

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Viel männlicher als Erich kann ein Name nicht sein. Wieso lese ich dann so oft „Frau Erich Kocina“?

Computer denken nicht, die machen nur, was man ihnen sagt. Folglich kann ich auch nicht dem armen Computer böse sein, der die Massensendungen an mich adressiert. An „Frau Erich Kocina“, zum Beispiel. Nun hätte ich ja vollstes Verständnis, wenn ich einen Namen hätte, der „beiden Geschlechtsteilen“ (Heinz-Christian Strache) zugerechnet werden könnte, etwa Andrea oder Sascha. Und auch bei exotischen Namen, die in Österreich nicht so geläufig sind, kann so eine Verwechslung schon einmal passieren.

Doch viel männlicher als Erich kann ein Name doch gar nicht sein, oder? Ein Name, der so viel bedeutet wie „reich an Ehre“. Man denke an Erik den Wikinger, der mit stolzgeschwellter Brust und langem Bart am Bug des Schiffs steht und seine Streitaxt schwingt. Hätte es zu Zeiten des bärtigen Normannen schon derart falsch adressierte Massensendungen gegeben, hätte er wohl von der Adressiermaschine nur noch ein wenig Asche hinterlassen.

Aber es geht noch schlimmer. Zu meiner Studentenzeit etwa, kurz nachdem das Gratisabo einer Tageszeitung ausgelaufen war, rief einer der freundlichen Call-Center-Mitarbeiter auf meinem Festnetz an und fragte schüchtern, ob er denn „Frau Erich“ sprechen könnte. Interessant, diese Variante kannte ich noch nicht. „Und wie soll Frau Erich mit Vornamen heißen?“ – „Karina“, erklang es schüchtern. Karina?

Dann dämmerte mir, wie ich vor der Uni schnell – bis zur Vorlesung waren noch zwei Minuten Zeit – das Aboformular ausfüllte. Nicht, dass ich sonst leserlicher schreiben würde, aber vermutlich ließ ich in der Hektik einem verzweifelten Mitarbeiter der Aboabteilung gar keine andere Wahl, als in Kocina eine Karina zu erkennen. Aber macht ja nichts, so eine neue Identität hat ja auch ihren Reiz. Liebe Grüße, Eure Karina.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2008)

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