Für die italienische Regierung sind getrennte Klassen für Migranten ein Weg, die Integration zu fördern. Die Opposition spricht von skandalöser Diskriminierung.
In Italien wird das Schulsystem reformiert. Geplante Schulschließungen und Stellenkürzungen erregten schon die Gemüter. Nun sollen getrennte Klassen für Migrantenkinder eingeführt werden. Demnach müssen ausländische Schüler vor dem Schulbeginn geprüft werden, um ihre Italienisch-Kenntnisse festzustellen. Sollten sie die Prüfung nicht bestehen, sollen sie in getrennte Schulkassen kommen.
Die Idee stammt von der föderalistischen Regierungspartei Lega Nord: Die Kinder sollen dadurch besser Italienisch lernen. Danach sollen sie den normalen Schulklassen beitreten. Die Opposition sprach von skandalöser Diskriminierung gegenüber ausländischer Kinder. "Dieser Artikel widerspricht dem Gleichheitsprinzip. Es ist skandalös, weil die Opfer dieser Diskriminierung Kinder sind", so der Spitzenpolitiker der oppositionellen Demokratischen Partei (PD), Piero Fassino.
Lega Nord will Rassismus vorbeugen
Die Lega Nord wies den Vorwurf entschieden zurück. Die Klassen für Ausländer seien ein Weg, um die Integration der Migrantenkinder zu fördern und Rassismus vorzubeugen. Damit will die Partei verhindern, dass bis zu 50 Prozent ausländische Schüler in den Klassen sitzen, die oft ungenügende Italienischkenntnisse haben. Die Partei verlangt, dass maximal 30 Prozent der Schüler einer Klasse Migrantenkinder sind.
Über eine halbe Million ausländischer Kinder besucht die italienischen Schulen. Die Zahl der Ausländer hat sich in den Klassen in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt. Auf gesamtstaatlicher Ebene sind sechs Prozent der Schüler in Italien Ausländer.
Viele Eltern für getrennte Klassen
Die Lega Nord führt seit Jahren eine Kampagne, um die Zahl der Migrantenkinder in den Schulkassen einzuschränken. "Die Gefahr ist, dass sich unsere Kinder wegen der hohen Anzahl von Migranten als Ausländer in ihren Klassen fühlen", sagte kürzlich der Bürgermeister der Gemeinde Chiarano bei Treviso. Viele Ausländer würden kein Wort Italienisch können. Dadurch werde der Lernprozess der ganzen Klasse deutlich verlangsamt.
Für Aufsehen sorge eine Umfrage der venezianischen Tageszeitung "Il Gazzettino", aus der hervorgeht, dass 27 Prozent der Eltern in den industriereichen nord-östlichen Regionen Venetien und Friaul Julisch-Venetien getrennte Klassen für ausländische Schüler verlangen. Nach Angaben des italienischen Unterrichtsministeriums sind neun Prozent der Schüler in Venetien Ausländer. In einigen Gemeinden wächst der Prozentsatz jedoch auf 40 Prozent.
(APA/Red.)