Nationalrat beschließt Bankenhilfspaket

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nationalrat(c) APA (Roland Schlager)
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Mit den Stimmen aller fünf Parteien hat der Nationalrat das Bankenhilfspaket verabschiedet. Das Volumen der Maßnahmen beläuft sich auf 100 Mrd. Euro. Am Dienstag soll die endgültige Entscheidung im Bundesrat fallen.

Im Eilverfahren und mit den Stimmen aller fünf Parlamentsparteien hat der Nationalrat am Montag das Bankenhilfspaket zur Abwehr der Finanzkrise beschlossen. Damit stehen künftig 100 Mrd. Euro an staatlichen Haftungen und Beihilfen für das krisengeschüttelte Finanzsystem zur Verfügung. In welchem Ausmaß dieser Rahmen tatsächlich ausgeschöpft wird, ist noch offen.
Sowohl Kanzler Alfred Gusenbauer (S) als auch Vizekanzler Wilhelm Molterer (V) versicherten, den Banken werde mit dem Hilfspaket nichts geschenkt. Im Extremfall könnte das Paket sogar zur Teilverstaatlichung einzelner Banken führen. Endgültig beschlossen wird das Hilfspaket am Dienstag im Bundesrat.

Punkt eins: Garantien für private Sparer

Das Bankenhilfspaket umfasst drei Punkte: Erstens wird die Einlagensicherung für private Sparer deutlich ausgeweitet, wofür der Staat mit zehn Mrd. Euro haftet. Bisher waren private Konten und Sparbücher bis zur Höhe von 20.000 Euro abgesichert, wenn die betreffende Bank pleitegehen sollte. Bis inklusive 2009 gilt nun ein unbegrenzter Haftungsrahmen, ab 1.1.2010 schützt die Einlagensicherung 100.000 Euro pro Konto. Auch die Haftung für Firmenkonten wird von 20.000 auf 50.000 Euro erweitert (Firmen zahlen im Fall des Falles aber zehn Prozent Selbstbehalt).

Punkt zwei: Haftung für Interbank-Kredite

Während die höhere Einlagensicherung auf die Stärkung des Kundenvertrauens abzielt, soll der zweite Punkt des Hilfspakets die Vertrauenskrise innerhalb des Bankensystems bekämpfen. Wegen der Finanzkrise schrecken die Banken nämlich zunehmend davor zurück, sich gegenseitig Kredite einzuräumen. Damit könnten einzelne Institute in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Künftig soll der Staat daher mit bis zu 75 Mrd. Euro für derartige Interbank-Kredite haften, um die Kreditvergabe zwischen den Banken wieder in Gang zu bringen.

Punkt drei: Direkte Kapitalspritzen

Sollte trotzdem ein Finanzinstitut in Zahlungsschwierigkeiten geraten, könnte der Staat künftig mit einer direkten Kapitalspritze einspringen. Das ist Punkt drei des Bankenpakets: Über eine ÖIAG-Tochter können staatliche Finanzspritzen von bis zu 15 Mrd. Euro verabreicht werden, was im Extremfall auf die Teilverstaatlichung von Banken hinauslaufen könnte. In diesem Fall bekäme die Regierung allerdings ein umfangreiches Mitspracherecht, u.a. was die Verwendung der Gelder und die Gehälter der Führungskräfte angeht.

Spekulationen eindämmen

Ermöglicht wird mit dem Bankenpaket auch die Eindämmung der Spekulation. Konkret wird die Möglichkeit geschaffen, sogenannte "Leerverkäufe" zu verbieten, mit denen Anleger auf fallende Aktienkurse spekulieren können.

Kanzler Gusenbauer und Finanzminister Molterer betonten, den Banken werde mit dem Paket nichts geschenkt. Vielmehr müssten für die Staatshaftungen Marktpreise bezahlt werden, im Fall einer öffentlichen Finanzspritze erhalte die Regierung Mitspracherechte und könne die erworbenen Aktien später wieder zu Geld machen. Allerdings forderte Gusenbauer als nächsten Schritt ein europaweit abgestimmtes Konjunkturpaket, um nach der Finanzkrise auch den drohenden Wirtschaftseinbruch abzuwehren. Klar ist für den scheidenden Regierungschef, dass die Krise Europa ohne die gemeinsame Währung deutlich schwerer getroffen hätte.

Alle Parteien dafür

Nach einer mehr als vierstündigen Debatte stimmten alle fünf Parlamentsparteien für das Bankenhilfspaket. Einen ausführlichen Bericht der Debatte finden Sie hier. Klubchef Alexander Van der Bellen forderte zusätzliche Garantien für KMU und Häuslbauer. Das BZÖ verlangte mehr parlamentarische Kontrolle der Bankenhilfe, stimmte letztlich aber ebenfalls für das Hilfspaket, "weil es alternativlos ist", wie Klubobmann Peter Westenthaler sagte.

Häme für "neoliberale" Standpunkte

FP-Chef Heinz Christian Strache verlangte insbesondere Maßnahmen für jene Personen, die ihr Geld in die zweite und dritte Pensionssäule gesteckt haben und nun vor der Pensionierung stehen sowie für Häuslbauer mit Krediten. SPÖ, FPÖ und Grüne sparten außerdem nicht mit Häme für die gescheiterte "neoliberale" Wirtschaftspolitik.

Beschlossen wurde das Bankenpaket noch vom "alten" Nationalrat. Die Ende September neu gewählten Abgeordneten treten nämlich erst am 28. Oktober zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Für 65 der 183 Abgeordneten handelte es sich am Montag daher um ihre letzte Abstimmung, sie werden im neuen Nationalrat nicht mehr vertreten sein.

Begonnen hat die Sondersitzung am Vormittag mit einer Gedenkminute für Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) würdigte dabei die "Lebensleistungen" Haiders, der seit 1979 selbst jahrelang - unter anderem als FP-Klubchef - die Parlamentsbank gedrückt hatte. "Politische Differenzen und konkurrierende Wertvorstellungen werden durch den Tod nicht aufgehoben, sie werden aber entscheidend relativiert", sagte Prammer.

(APA/Red.)


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