Vassiliou : „Österreich muss noch mehr machen“

EU-Gesundheitskommissarin Vassiliou verlangt strengere Regeln beim Nichtraucherschutz.

Die Presse: Sie fordern den größtmöglichen Nichtraucherschutz in Europa, also totale Nichtraucherzonen. Wie, glauben Sie, kann das kurz- oder mittelfristig erreicht werden?


Androulla Vassiliou: Ich kann das den Mitgliedstaaten nicht kurz- oder mittelfristig vorschreiben, weil die EU-Kompetenz dafür noch fehlt. Die 27 Staaten haben aber ihre internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. 26 davon haben bereits das Abkommen der Weltgesundheitsorganisation über die Tabakkontrolle ratifiziert, nur Tschechien hat das noch nicht getan. In Österreich hatte die bisherige Ministerin einen neuen Gesetzesvorschlag eingebracht, um das Rauchverbot in Restaurants, Diskotheken und dergleichen auszudehnen. Doch sie hat Schlupflöcher gelassen. So soll es für kleine Lokale Ausnahmen geben. Doch gerade dort ist ja die Belastung besonders groß. In größeren Räumen hat sie bestimmte Rauchzonen vorgesehen, wenn es Lüftungssysteme gibt. Doch ich weiß, dass diese Systeme nicht richtig funktionieren. Um völlig seinen Pflichten gerecht zu werden, muss Österreich mehr machen. Ich fordere mehr Tempo. Rauchen ist nun einmal eine der häufigsten Todesursachen. Meiner Meinung nach wäre es kriminell, solche Todesrisiken nicht zu vermeiden, die vermeidbar wären.


Jetzt versucht die EU-Kommission ja den Weg über den Arbeitnehmerschutz.


Vassiliou:
Ich habe mit Arbeits- und Sozialkommissar ?pidla eine neue Regelung vorbereitet. Es liegt aber auch dabei am Ende stark am politischen Willen der Nationalstaaten, dem nachzukommen. Meine Zielrichtung sind die jungen Leute. Sie sind die starken Raucher, und sie beginnen immer früher zu rauchen. Ich habe daher die Gesundheits- und Bildungsminister aller Länder aufgefordert, auch ganz Junge in ihre Kampagnen gegen Rauchen, Drogen und Komatrinken aktiv einzubeziehen. Je älter man wird, desto schwieriger wird es, auszusteigen.


Gerade mit Blick auf die Jungen: Sind die Warnhinweise auf Zigarettenschachteln – etwa: „Rauchen kann tödlich sein“ – für Sie ausreichend?


Vassiliou: Sie sind ja leider nicht in allen EU-Ländern umgesetzt. Aber wo das der Fall ist, sind sie wirksam. Es gibt die öffentliche Aufmerksamkeit, und die negativen Aussichten beängstigen die Konsumenten schon. Auch die EU-Richtlinie über das Tabakwerbeverbot zeigt Wirkung. Wir prüfen gerade, wieweit wir Erfolg damit hatten und was wir sonst tun können, um die Richtlinie und ihre Ziele nachhaltig durchzusetzen. Sogar in der Formel 1, die einer der größten Werber weltweit war, haben wir dieses Jahr erstmals keine prominent platzierte Werbung für Tabak mehr.


Wie könnte die Richtlinie, ihre Durchsetzung verbessert werden?


Vassiliou: Bei der Überwachung von Tabakwerbung können wir noch Verbesserungen erzielen. Denn oft ist es nicht direkte, sondern versteckte Werbung, die eingesetzt wird.


Sollte der Tabakpreis noch hinaufgesetzt werden?


Vassiliou: Mit Steuerkommissar Kovács haben wir bereits die Steuern auf Tabakwaren erhöht. Und das ist sicher ein Weg, Leute dazu zu bringen, ein zweites Mal nachzudenken, bevor sie sich ein neues Packerl kaufen. pö

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2008)

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