Paris drängt zu weltpolitischer Rolle

Internes Papier fordert mehr Engagement der EU im Irak und in Afghanistan.

Wien. Die französische Regierung macht bei den EU-Partnern Druck, gemeinsam eine weltpolitische Rolle einzunehmen. Das derzeitige EU-Vorsitzland fordert mehr Einsätze in den heikelsten Regionen der Welt. In einem bisher geheim gehaltenen Papier zur transatlantischen Partnerschaft, das nun der „Presse“ vorliegt, fordert Paris ein gemeinsames Vorgehen mit den USA im Irak, in Afghanistan, Pakistan und Nahost. Das Dossier, das von den EU-Außenministern vergangene Woche diskutiert wurde, um eine gemeinsame Linie gegenüber dem neuen US-Präsidenten festzulegen, signalisiert eine Zeitenwende in der EU-Außenpolitik. Mit einem Satz wird die neue Linie auf den Punkt gebracht: „Globale Macht verlangt nach globaler Verantwortung“.

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger Chirac für eine starke transatlantische Achse einsetzt, will in der internationalen Sicherheitspolitik stärker als bisher europäische Interessen verankert wissen. Und er setzt sich dabei auch über bisherige Tabus hinweg. So heißt es in dem Papier, es müsse das gemeinsame Interesse der USA und Europas sein, dass der Irak zu einer Erfolgsstory werde. „Die EU muss deshalb bereit sein, sich in dem Land ohne Verzögerung zu engagieren.“

Hilfe für Pakistan

Ähnlich ambitioniert fordert die französische Präsidentschaft auch ein stärkeres „ziviles und militärisches“ Engagement in Afghanistan. Sarkozy ist offenbar bereit, den Wünschen des künftigen US-Präsidenten Barack Obama entgegenzukommen und die europäischen Truppen in Afghanistan zu verstärken. Dies war bisher vor allem in Deutschland äußerst umstritten gewesen.

Doch damit nicht genug: Auch eine wirtschaftliche und politische Unterstützung der pakistanischen Regierung wird angesprochen. Sowohl die USA als auch die Europäische Union müssten die pakistanische Führung in ihrem Kampf gegen den Extremismus unterstützen. Das ehrgeizige Papier fordert auch gemeinsamen Druck auf die iranische Regierung und eine engere Abstimmung der Nahostpolitik. Und in ihm wird auch für eine gemeinsame Politik gegenüber Russland appelliert.

Sarkozy, der mit seiner Vermittlung in Georgien die EU wieder zu einem globalen außenpolitischen Spieler gemacht hat, will offenbar die Gunst der Stunde nutzen, um Europas Krisenmanagement auszubauen. Dass die EU entschlossener als bisher agiert, wurde zuletzt auch mit der Entsendung von Kriegsschiffen deutlich, die vor der somalischen Küste gegen Piraten aktiv werden sollen.

Ausdrücklich wird in dem Dossier klargestellt, dass es nicht im Interesse der EU liege, mit den USA in der Sicherheitspolitik zu konkurrieren. „Wir müssen zusammenarbeiten, nicht gegeneinander.“ Es gehe aber auch darum, die gemeinsame Verantwortung zwischen den USA und der Europäischen Union aufzuteilen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2008)

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