Kalter Krieg: Geheimes Atomminen-Lager in Deutschland

Protest gegen Atomwaffen
Protest gegen Atomwaffen(c) AP (Roberto Pfeil)
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In West-Deutschland lagerten in den 60er Jahren angeblich etwa 700 US-Atomminen. Nur etwa zwei Dutzend Menschen sollen informiert gewesen sein. Das berichtet ein deutscher Historiker.

Westdeutschland hat während des Kalten Kriegs etwa 700 geheime US-Atomminen beherbergt, die die USA angeblich den Deutschen zur Verfügung gestellt hatten. Dies berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin "Focus" unter Berufung auf Forschungserkenntnisse des Münchner Historikers Detlef Bald. Nur etwa zwei Dutzend Menschen seien informiert gewesen, behauptet Bald, der Zugriff auf das Privatarchiv von Ex-Kanzler Helmut Schmidt hatte.

Im Gegensatz zu Atombomben (die per Flugzeug in ein möglicherweise weit entferntes Ziel gebracht werden) oder Atomsprengköpfen (für Raketen) werden Atomminen dort gezündet, wo sie ausgelegt werden. Im Fall eines Angriffs des Warschauer Pakts also direkt auf deutschem Gebiet.

Kein "Hirngespinst" der Friedensbewegung

Forscher, Politiker und Generäle hatten Berichte über das geheime Atomwaffenarsenal bisher als "Gerüchte" und "Hirngespinste" der Friedensbewegung abgetan. Laut Bald wurden die Nuklearwaffen Mitte der 1960er Jahre in die Bundesrepublik Deutschland gebracht. Sie sollten bei einem Angriff auf das Land gezündet werden. "Sie waren für den nuklearen Ersteinsatz geplant", sagte der Historiker. Ihre Sprengkraft betrug 0,2 bis 45 Kilotonnen. Die stärksten hatten somit jeweils die dreifache Zerstörungskraft der Atombombe von Hiroshima.

Alleinige Entscheidung beim Militär

Laut Bald hätte "allein das Militär" über den Waffeneinsatz entschieden. "Kein deutscher, kein amerikanischer Politiker hätte zustimmen müssen." Der Wissenschaftler belegt diese Aussage mit den gefundenen Geheim-Dokumenten. Als Schmidt 1969 unter dem deutschen Bundeskanzler Willy Brandt Verteidigungsminister wurde, stoppte er den "todbringenden Unsinn". Zusammen mit seinem US-Kollegen Melvin Laird erreichte Schmidt einen Erfolg, der in dem Dokument "Deutsche Einsatzbeschränkungen für ADM (Atomic Demolition Munition)" am 23. Oktober 1973 festgeschrieben wurde. "Damit werden die Atomminen aus Deutschland beseitigt und dem Militär die Macht entzogen."

In Balds Buch "Politik der Verantwortung", das am kommenden Freitag erscheint, bestätigt Ex-Kanzler Schmidt die Forschungserkenntnisse. Im Vorwort zum Buch schreibt er: "Jeder atomare Krieg hätte Teile des deutschen Volkes ausgelöscht."

(APA)

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