Die Täter der ersten Generation der Roten Armee Fraktions sind alle bereits tot: Holger Meins starb im Hungerstreik, Andreas Baader, Jan-Karl Raspe, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof brachten sich in der Haftanstalt Stammheim um. Doch der Terror in der Bundesrepublik Deutschland ging weiter. Viele der Täter konnten gefasst werden. Mitte 2012 wurde einer der letzten noch "einsitzenden" Terroristen, Birgit Hogefeld, freigelassen. Was wurde eigentlich aus den nicht mehr in Haft befindlichen ehemaligen RAF-Mitgliedern?
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Christian Klar befand sich seit 1982 in der Haftanstalt Bruchsal, er wurde wegen mehrfachem Mord und Mordversuch verurteilt. Seit Ende Dezember 2008 ist Klar wieder ein freier Mann. Er hat sich in den Jahren in Haft nur ein einziges Mal medial geäußert - aus dem damaligen TV-Interview (2001) stammt der bekannt gewordene Satz, dass Reue "in dem politischen Raum, vor dem Hintergrund vor unserem Kampf, kein Begriff" ist. Diese Aussage selbst bereut Klar inzwischen. In seinem Gnadengesuch zwei Jahre später betonte er: "Selbstverständlich muss ich eine Schuld anerkennen. Ich verstehe die Gefühle der Opfer und bedauere das Leid dieser Menschen." Claus Peymann, ehemals Burgtheaterdirektor in Wien, hat Klar eine Stelle als Bühnentechniker beim Berliner Ensemble angeboten. Kriminologe Helmut Kury bezeichnete Klar nach längeren Gesprächen als "geistig verlangsamt", da ihm die Gesprächspartner in Haft gefehlt hätten.
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Anfang 2007 wurde das wahrscheinliche Oberhaupt der zweiten Generation der RAF, Brigitte Mohnhaupt, wieder auf freien Fuß gesetzt. Sie galt als "absolut dominant" (Mittäterin Birgit Hogefeld) und als offizielle Nachfolgerin von Baader und Ensslin, mit denen sie zeitweilig gemeinsam in Stammheim inhaftiert war. 2007 wurde sie nach 24 Jahren aus der Haft entlassen. Mohnhaupt lebt sehr zurückgezogen. Kürzlich machte sie die Öffentlichkeit jedoch wieder auf sich aufmerksam: Sie geht anwaltlich gegen die Verfilmung "Der Baader Meinhof Komplex" von Bernd Eichinger vor. Es geht ihr dabei um einen Dialog sowie eine darauf folgende Sexszene, durch die sie sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sieht. Das Landesgericht lehnte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Film jedoch ab.
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Bereits vor seiner Verhaftung 1981 hatte Boock sich von der RAF distanziert. Er war an der Entführung von Hanns Martin Schleyer und dem gescheiterten Entführungsversuch an Jürgen Ponto beteiligt. Book saß 17 Jahre lang hinter Gittern, danach trat er in Talkshows auf und berichtete im Fernsehen und in Büchern aus seiner Zeit als RAF-Mitglied. 2002 veröffentlichte der heute 56-Jährige eine "dokumentarische Fiktion" zur Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer. In einem Interview erklärte er 2007, er würde "fast alles", an dem er beteiligt war, am liebsten ungeschehen machen. Den restlichen RAF-Tätern wirft er ihr Schweigen über die Taten damals vor: "Sie machen es genauso, wie es die Kriegsgeneration gemacht hat und was wir damals so angeprangert haben."
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Knut Folkerts hat sich seit seiner Haftentlassung 1995 eine unauffällige Existenz aufgebaut. Folkerts wird Beteiligung an der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback vorgeworfen - spätere Zeugenaussagen belegten jedoch, dass er sich zum Tatzeitpunkt in Amsterdam befunden hatte. Der in den Neunzigern Populäre Sänger Rio Reiser bot Folkerts an, seine Tour zu managen. Reiser starb kurz später, und Folkerts machte eine Ausbildung zum Non-Profit-Manager. Er leitet inzwischen Alternativprojekte und arbeitet als Buchhalter. Folkerts muss fürchten, wieder ins Gefängnis zu kommen. Er ist wegen eines Polizistenmordes im niederländischen Utrecht zu zwanzig Jahren Haft verurteilt worden. Über die Auslieferung wurde noch nicht entschieden.
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Dellwo, der 1975 zu den Besetzern der deutschen Botschaft in Stockholm gehörte, bereut nach 21 Jahren Haft inzwischen deutlich: Die RAF-Morde seien "unmenschlich" und "völlig überzogen" gewesen. Dellwo wurde 1995 entlassen und lebt als Autor und Filmemacher in Hambug. Überraschenderweise sind seiner Gefangenenakte dutzende Seiten spurlos verschwunden, was den Ermittlern ein Rätsel aufgibt. Bei den Familien der Opfer soll sich Dellwo trotz aller Reue bisher nicht entschuldigt haben.
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Susanne Albrecht war die Tochter von Freunden der Bankiersfamilie Ponto und half bei dessen Ermordung. Albrecht tauchte mit Hilfe der Stasi 1980 in der DDR unter und lebte unter falschem Namen. Nach der Wende wurde sie in Ost-Berlin verhaftet. Sie wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt, kam aufgrund der Kronzeugenregelung nach sechs Jahren wieder frei. Heute arbeitet sei unter neuem Namen als Lehrerin in Nord-Deutschland. Albrecht war das zentrale Thema des Bremer Wahlkampfes 2007. Die CDU forderte umgehend Aufklärung und bezeichnete ihre Lehrtätigkeit als "untragbar". Die betroffene Grundschule sprach sich aber für die Beibehaltung Albrechts aus. Von ihrer Tat distanziert hat sie sich noch nicht. Im Bild: Der ermordete Bankier Jürgen Ponto, dessen Todesurteil die enge Freundschaft zur Familie von Susanne Albrecht war.
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Hogefeld war im Juni 1993 bei einem Einsatz der Spezialeinheit GSG 9 auf dem Bahnhof von Bad Kleinen festgenommen worden. Bei einer Schießerei kamen damals der RAF-Terrorist Wolfgang Grams und ein GSG-9-Beamter ums Leben. Hogefeld wurde wegen mehrfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie unter anderem an der Ermordung eines US-Soldaten und an einem Autobombenanschlag auf einen US-Luftwaffenstützpunkt in Frankfurt am Main beteiligt gewesen war. Nach 18 Jahren in Haft kam sie im Juni 2012 auf Bewährung frei.
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Zum ersten Mal nach 35 Jahren sprach Verena Becker am 14. Mai 2012 über den Mord am deutschen Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Er wurde 1977 erschossen, wer der Schütze war, ist unklar. Becker betonte vor Gericht: „Ich war nicht dabei.“ Becker, die bei ihrer Festnahme 1977 auf Polizisten geschossen hatte, wurde damals wegen versuchten Mordes an den Beamten zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach zwölfjähriger Haft wurde sie 1989 begnadigt. Der Fall Buback geriet in Vergessenheit, bis dessen Sohn 2008 eine Wiederaufnahme der Ermittlungen erreichte. Geht es nach ihm, war Becker eine treibende Kraft der „zweiten Generation“.
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Viele RAF-Terroristen gelten noch als flüchtig, so soll die am Schleyer-Mord beteiligte Friederike Krabbe sich dem Bombenspezialisten Abu Ibrahim angeschlossen haben. Sie wurde das letzte Mal 2003 in Bagdad gesehen. Auch um Ingeborg Barz ranken sich Gerüchte, sie soll von höchsten RAF-Mitgliedern selbst erschossen worden sein. Ihr Tod konnte allerdings nie bewiesen werden. Möglicherweise hat auch sie sich in den Irak abgesetzt. Von den freigelassenen Terroristen geht dem Kriminologen Helmut Kury zufolge keine Gefahr mehr aus: "Die ehemaligen Terroristen halten auch draußen noch zusammen und unterstützen sich gegenseitig." Keiner wurde je wieder straffällig. Fünf der Ex-Terroristen machten eine sechsjährige Gruppentherapie.
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Was wurde aus den ehemaligen Terroristen?
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