Das Auto – ein Modell der Steinzeit?

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auto usa(c) REUTERS (CARLOS BARRIA)
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In der Automobilbranche zittern einst starke Konzerne um ihr Überleben. Die Krise dürfte aber auch längst fällige Entwicklungen zu mehr Umweltschutz beschleunigen.

Es ist die größte Krise seit der Erfindung des Autos vor 122 Jahren: Zuerst kam der globale Absatzeinbruch. Ihm folgten und folgen Werksschließungen und der Abbau tausender Jobs. Einige Hersteller werden nur mit staatlicher Hilfe überleben. Diese drastischen Auswirkungen sind aber nur die Symptome eines viel größeren Wandels – jenes hin zu einer umweltverträglicheren Mobilität.

1. Hören die Menschen auf, so viele Autos zu kaufen?

Nein. Die Rückgänge beim Autoabsatz von bis zu 40 Prozent in einigen Ländern sind zwar dramatisch. Doch auch in früheren Krisenzeiten hat es schon deutliche Rückgänge gegeben. Viele Menschen verschieben aufgrund der allgemeinen Verunsicherung große Ausgaben, wie den Kauf eines Neuwagens. Langfristig werden die Verkaufszahlen daher wieder ansteigen. Zudem haben Märkte wie China oder Russland immer noch Aufholbedarf. Allerdings werden jene Hersteller unter die Räder kommen, die zu wenig in die Entwicklung von „Spritspartechnologien“ investieren.

2. Haben die Autofirmen bisher bei der Forschung gespart?

Nein – auch wenn Autos grundsätzlich immer noch so aussehen wie vor Jahrzehnten. Die Autohersteller geben weltweit pro Jahr etwa 40 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus. Weitere Milliarden werden von den Autozulieferern investiert. Große Verbesserungen gab es vor allem bei Sicherheit und Komfort. Doch auch die Umweltverträglichkeit ist gestiegen. Neuwagen stoßen rund 75 Prozent weniger Schadstoffe und zehn Prozent weniger CO2 aus als vor 15 Jahren. Der große Entwicklungsschritt – weg vom Verbrennungsmotor – hat aber noch nicht stattgefunden.

3. Warum fahren wir eigentlich noch mit Benzin und Diesel?

Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: Erstens ist Erdöl immer noch zu günstig, weshalb sich alternative Energieträger im Auto noch nicht rechnen. Das Ölpreishoch diesen Sommer hat aber gezeigt, dass sich dies schon bald ändern könnte. Zweitens gibt es eine Menge an Technologien, die als Nachfolger für den mit Mineralöl betriebenen Verbrennungsmotor infrage kommen.

Die Autohersteller bringt das in eine schwierige Lage. Einerseits dürfen sie nirgendwo den Anschluss verpassen, andererseits will keiner der Hersteller zu weit vorpreschen. Denn sollte sich der eingeschlagene Weg als falsch herausstellen, sind schnell Milliarden in den Sand gesetzt. Die zusätzlichen Kosten für die Entwicklung umweltfreundlicher Antriebe sind beträchtlich. Die Unternehmensberatung Boston Consulting schätzt sie auf bis zu 50 Milliarden pro Jahr. Und drittens waren die Autokäufer bislang nicht bereit, für Umwelttechnologie tiefer in die Tasche zu greifen – Modelle wie der VW Lupo mit drei Liter Verbrauch waren ein Flop.

4. Werden die Autos durch Umwelttechnik noch teurer?

Ja. Ein Hybridantrieb (Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor) kostet rund 5000 Euro mehr als ein konventioneller Antrieb. Zudem werden auch Reparaturen immer teurer. Schon bisher wurde die Wartung von Autos etwa durch lackierte Stoßstangen immer kostspieliger. Heute gibt ein Autofahrer in Österreich im Schnitt 6300 Euro pro Jahr für seinen fahrbaren Untersatz aus. Etwa die Hälfte davon entfällt auf den Wertverlust.

5. Warum sind wir bereit, so viel für unsere Autos zu zahlen?

Hauptgrund dürfte sein, dass Autos anders als andere Gegenstände emotional aufgeladen sind. Sie werden von vielen Menschen nicht nur nach rationalen Gründen (Platz, Verbrauch, Kosten) gekauft. Zusätzlich spielen Styling oder Status eine große Rolle. Dies dürfte auch künftig so sein.

6. Wie wird der Individualverkehr künftig aussehen?

Der Verbrennungsmotor wird laut allen Experten noch lange eine wichtige Rolle spielen. Für Fahrten über weite Strecken mit viel Gepäck werden wir uns noch Jahrzehnte in konventionelle Autos setzen. Bei diesen dürfte Biosprit aber eine größere Rolle spielen. Zu deutlichen Änderungen dürfte es in urbanen Gebieten kommen. Hier wird dem Elektroauto ein Siegeszug vorhergesagt. Für die tägliche Fahrt von wenigen Kilometern an den Arbeitsplatz reichen kleine zweisitzige Elektroautos vollkommen. Die Energie dürfte eher in Batterien als in Wasserstoff gespeichert werden. Laut den Zukunftsvisionen der führenden Experten werden die Stadtbewohner nur noch Elektroautos besitzen und für weitere Fahrten konventionelle Autos per „Carsharing“ mieten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2008)

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