Tee: Luxus in der Tasse

(c) Demmer
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Dass Österreich eine Nation von Teemuffeln ist, wird auch Barack Obama nicht so schnell ändern. Bei welchen Tees es sich jedenfalls lohnt, tiefer in die Tasse zu schauen, weiß das „Schaufenster“.

Besser könnte es ihm eigentlich gar nicht gehen, dem Tee. Jetzt, da er einen der prominentesten – und bald auch mächtigsten – Männer der Welt zum Fürsprecher hat: Barack Obama. Amerikas zukünftiger Präsident trinkt Tee – und zur Freude von Teefachleuten redet er auch darüber. Während der letzten Wochen im US-Wahlkampf wurde im Internet und auf der Straße auch mit Tee, der auf „Drink for Change“ getauft wurde, für den Präsidentschaftskandidaten geworben.

Dabei muss man feststellen, dass der Anwalt aus Chicago, der demnächst mit Ehefrau, Töchtern und Hund ins Weiße Haus ziehen wird, streng genommen keinen Tee trinkt. Zumindest keinen „echten“. Obamas Lieblingssorte ist nämlich der „Black Forest Berry Honest Tea“ und somit ein klassischer Früchtetee. Der wird in unseren Breiten zwar – wie auch der Kräutertee – als solcher bezeichnet, in Großbritannien heißen diese Sorten allerdings nur „Herbals“ oder „Herbal Infusions“. Wobei Andrew Demmer, der Chef und Eigentümer von Demmer Tee, das so streng nicht sehen will. Denn würde man in Österreich den Kräuter- und Früchtetee nicht zum klassischen Heißgetränk dazuzählen, „dann wäre Österreich noch weniger eine Teenation, als sie es so schon ist“, sagt er.

Teemuffel. Der Durchschnittsösterreicher trinkt Tee (immer noch) vor allem dann, wenn ihm kalt ist oder wenn er krank ist, weshalb der Teeverbrauch wie jedes Jahr zu Beginn der kalten Zeit um ein Vielfaches in die Höhe steigt. Die Österreicher hätten immer noch oft Angst, bei der Zubereitung etwas falsch zu machen. Auch deshalb ist Demmer keiner, der den Teebeutel verdammt. „Die Engländer hingegen sind Teezubereitungsprofis.“ Seine Kollegin Eva Haas, Chefin des Haas & Haas-Teehauses hinter dem Stephansdom, sieht das ähnlich. „Die meisten Menschen kommen über den Teebeutel zum offenen, unbehandelten Tee“, sagt sie. Haas betreibt mit ihrem Mann seit drei Jahrzehnten das Teefachgeschäft am ­Stephansplatz. Sie vergleicht die Geschmacksentwicklung der Verbraucher beim Tee mit der beim Olivenöl. Früher gab es da wie dort eine Sorte, die man wenig ansprechend verkauft hat, und sie wurde gekauft.

So wie heute Dutzende Sorten von Olivenöl im Regal stehen, gebe es auch unzählige Sorten beim Tee. Die auch gekauft werden. Wachsender Beliebtheit erfreuen sich Teesorten, die beruhigen sollen und deshalb so harmonische Namen wie „Balance“ oder „Oase der Ruhe“ bekommen. Vor Weihnachten haben der Rooibos-Tee, der aus dem gleichnamigen Strauchgewächs gewonnen wird, Zitrusfrüchte und natürlich auch so kitschig-süßlich klingende (und genauso riechende) Sorten wie „Bratapfel“ und „Weihnachtspunsch“ Hochsaison. Allesamt wieder nur „Herbals“ im britischen Sinn. Aber auch der wahre Tee, also der unbehandelte schwarze, grüne, weiße und gelbe, bleibt beliebt wie eh und je.

Worauf es den immer mehr werdenden Teekennern ankommt, ist das Anbaugebiet, für echte Experten zählt sogar die Erntezeit. So mögen manche vor allem die Frühjahrsernte, den sogenannten „First Flush“, andere eher den „Second Flush“ im Juli, weil der Tee da schon gehaltvoller ist. Eva Haas hat im Vorjahr auf einer Reise nach China eine neue, bisweilen nur unter Tee-Experten bekannte Sorte gefunden, besser gesagt: einen kleinen „schwarzen Drachen“, der fast so klingt wie der berühmteste Bewohner des Tiergartens Schönbrunn, Fu Long. Der Oolong ist eine Mischung aus Grün- und Schwarztee, je nachdem, wie stark man seine Blätter fermentiert (weniger: grün, stärker: schwarz), er hat mehr Koffein als grüner, aber weniger als Schwarztee.

Luxus in der Tasse. Mit dem ­Oolong, der seinen Namen der gedrehten Form der getrockneten Blätter verdankt, die der Legende nach seinen Entdecker an einen Drachen erinnerten, darf man tun, was man bei Schwarztee nie tun sollte: ihn bis zu fünf-,
sechsmal aufgießen und maximal drei Minuten ziehen lassen. Eine Rarität ist der chinesische „Milky Oolong“, der mit Milchwasserdampf erhitzt wird und so seinen charakteristischen Geschmack bekommt.

Eine Rarität, die bisher vor allem Touristen aus dem Ausland zu schätzen wissen, erzählt Frau Haas. ­Ihren „Milky Oolong“ verkauft sie im Rahmen der neuesten Linie, „Teeluxe“. Neun verschiedene Teesorten vom weißen „Nepal Himalayan Shangrila“, einem besonderen Ceylon, bis zu speziellen Grüntees und Oolongs gibt es da, von elf Euro bis zu 33 Euro pro 100 Gramm. Da liegt die Frage nahe: „Wird das gekauft?“

„Und wie“, sagt Haas. „Ich spüre nichts von der Krise, in Krisenzeiten kaufen die Leute eben keine Gucci-Tasche, sondern einen ,Teeluxe’ bei uns.“
Auch wenn ihr Kollege Demmer, der seit heuer ebenfalls einen Oolong aus Thailand führt, weniger gern auf überteuerten Tee in seinem Sortiment setzt, spürt er nichts von einer Krise. „Tee ist kein teures Getränk, pro Tasse gerechnet.“ Und noch einen Vorteil hat er: „Er ist sophisticated, man kann ihn gut verschenken.“ Aber Krise hin oder her, Demmer gibt zu: „Auf den richtigen Boom beim Tee warten wir noch.“

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