Der stille Schwindler an der Wall Street

Bernard Madoff hat mit einem gigantischen Betrugssystem seine Klienten übers Ohr gehauen – und um 50 Mrd. Dollar gebracht.

In Zeiten, in denen ihr Ruf so ramponiert ist, könnte die Wall Street eine Imagepolitur ganz gut gebrauchen. Stattdessen schlägt sie sich mit schwarzen Schafen wie Bernard Madoff herum. „Es ist alles eine große Lüge“, sagte der 70-jährige Finanzmagnat den Ermittlern, die seinem, auf einem Schneeballsystem aufgebauten Betrug auf die Schliche gekommen waren.

Madoff hatte den Investoren hohe Profite in Aussicht gestellt, die freilich den Einsatz immer neuer Anleger voraussetzten – ein System, das sich aus Scheingeld speist und irgendwann zusammenbrechen musste. Es ist nur verwunderlich, dass die strenge Börsenaufsichtsbehörde SEC nicht schon längst den Betrug gewittert hat. Der Betrugsfall hat „epische Ausmaße“, erklärt ein Beamter. Der Schaden könnte sich auf 50 Mrd. Dollar belaufen, schätzt die SEC. Es wäre in der an Skandalen reichen Geschichte der Wall Street, der langen Chronik der Schwindler und Bösewichter, ein neuer Tiefpunkt. Und der Skandal, so die Angst in New York, könnte nur die Spitze eines Eisbergs sein.

Über Jahrzehnte galt der Investmentberater als stille Größe im Finanzdistrikt, anerkannt und angesehen als Exchef der Technologiebörse Nasdaq, die er mit aus der Taufe gehoben hat. Mit 5000 Dollar, die er als Rettungsschwimmer verdient hat, hat Madoff 1960 die Firma gegründet und zusammen mit seinem Bruder Peter nach und nach zu einem Familienunternehmen ausgebaut. Seine beiden Söhne haben ihn jetzt auch überzeugt, ein Geständnis abzulegen. vier

ZUR PERSON
Name: Bernard Madoff

Geboren: 1938

Karriere: gründete 1960 Investmentfirma, Exchef der Technologiebörse Nasdaq [AP]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2008)

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