Madoff: Anleger zittern um 350 Millionen Euro

(c) AP (Ruby Washington)
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Vom Betrugsfall Madoff sind viele wohlhabende Bank-Austria-Kunden betroffen. Erst die Finanzkrise ließ das Kartenhaus von Bernard Madoff zusammenbrechen.

Wien. (höll). Der Betrugsfall Madoff zieht in Österreich immer weitere Kreise. Laut Angaben der Nationalbank sind heimische Privatanleger mit bis zu 350 Mio. Euro vom Skandal betroffen. Tatsächlich dürfte die Schadenssumme aber höher sein. Denn Madoff-Produkte wurden auch an institutionelle Investoren (wie Versicherungen, Pensionskassen und Banken) verkauft. Besonders stark in die Affäre verwickelt sind zwei Fonds der Investmentgesellschaft Primeo (Eigentümer: Bank Austria-UniCredit-Gruppe) sowie ein Herald-Fonds der Wiener Bank Medici, an der die Bank Austria mit 25 Prozent beteiligt ist. Die Fonds wurden vom Handel ausgesetzt. Anleger müssen sich auf einen Totalausfall einstellen.

Der bis vor Kurzem angesehene Wall Street Banker und Ex-Chef der US-Börse Nasdaq, Bernard Madoff, soll mit einem gigantischen Schneeballsystem Investoren weltweit um 50 Mrd. Dollar geprellt haben. Stimmt der Betrag, handelt es sich um den größten Betrugsfall aller Zeiten. Madoff zahlte jahrelang verlässlich Gewinne aus – allerdings nicht aus erfolgreichen Investments, sondern aus dem Geld von neuen Investoren. Die US-Finanzaufsicht untersuchte Madoffs Firmen mehrmals. Erst die Finanzkrise ließ das Kartenhaus zusammenbrechen.

Prominente unter den Opfern

Von den 350 Mio. Euro in Österreich entfallen laut „Presse“-Informationen rund die Hälfte auf Kunden der Bank Austria. Dabei handelt es sich im Regelfall um wohlhabende Leute. Auch einige Prominente befinden sich unter den Opfern. Wer die betroffenen Produkte „Primeo Select Fund“ und „Primeo Executive Fund“ haben wollte, musste mindestens 50.000 Euro investieren. Die Bank Austria weist jede Schuld von sich. Den Kunden sei klar gewesen, dass es sich bei den Fonds um riskante Produkte gehandelt habe. Die Bank-Austria-Mutter UniCredit hat selbst 75 Mio. Euro bei Madoff veranlagt. Dem Vernehmen nach wurden in den USA bereits Rechtsanwälte eingeschaltet.

Die Erste Bank verkaufte Primeo- beziehungsweise Herald-Fonds ebenfalls an „gehobene Privatkunden“. Die Fondstochter der Erste Bank hat die Herald-Papiere der Bank Medici in einem Dachfonds, sagte deren Sprecher. Der Herald-Anteil mache aber nur 0,9Prozent des „Espa Portfolio Target vier“ aus. Dabei handelt es sich um einen Fonds für vertriebliche Veranlagungen mit einem Gesamtvolumen von 80 Mio. Euro. Bei der „Presse“ haben sich Leser gemeldet, die den Herald-Fonds von der Capital Bank (eine Tochter der Grazer Wechselseitigen Versicherung) angeboten bekamen. Auch zahlreiche Finanzberater sollen die umstrittenen Produkte an Kleinanleger vertrieben haben.

Im Zuge der Affäre gerät die Bank Medici, ein exklusives Institut in der Wiener Operngasse, ins Rampenlicht. 75 Prozent der Bank gehören der Wienerin Sonja Kohn, die 1985 in die USA ausgewandert ist und dort eine Investmentfirma gründete. Der Herald-Fonds war ein Flaggschiff der Bank. Im Medici-Aufsichtsrat sitzen Exfinanzminister Ferdinand Lacina und der ehemalige Wirtschaftsminister Hannes Farnleitner.

Weltweit befürchten Banken massive Verluste. Kunden der spanischen Santander legten 2,33Mrd. Euro bei Madoff an. Französische Institute bezifferten den Schaden auf eine Mrd. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2008)

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