Nach EU-Veto Sloweniens: Ruf nach Vergeltung in Kroatien

Kroatiens Weg in die EU ist derzeit blockiert
Kroatiens Weg in die EU ist derzeit blockiert(c) AP (Filip Horvat)
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Kroatien ist empört über die Blockade der EU-Beitritts-Verhandlungen durch Slowenien. Slowenische Unternehmen befürchten Absatz-Einbrüche auf dem Exportmarkt in Kroatien.

In Kroatien herrscht nach dem slowenischen Veto gegen die EU- Beitrittsverhandlungen des Landes Empörung. Die slowenische Regierung hat am Mittwoch offziell gemacht, bei der Beitrittskonferenz am Freitag elf von 15 anstehenden Verhandlungskapiteln blockieren zu wollen. Hintergrund ist ein Grenzstreit der Nachbarländer. Wie EU-Diplomaten in Brüssel mitteilten, können damit bei der Beitrittskonferenz mit Zagreb am Freitag nur eines statt neun Kapitel zusätzlich eröffnet und nur drei statt fünf abgeschlossen werden.

Kroatiens Präsident Stipe Mesic sagte am Donnerstag, die slowenische Blockade werde Auswirkungen auf die wirtschaftlichen und sonstigen Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben.

Droht Boykott slownischer Waren?

Wie die Zagreber Tageszeitung "Jutarnji list" (Donnerstagsausgabe) berichtet, reagieren viele Kroaten mit einem Boykott slowenischer Güter auf die Veto-Entscheidung. Nach Angaben der Laibacher Wirtschaftszeitung "Finance" befürchten slowenische Unternehmen Absatzeinbrüche von bis zu 30 Prozent auf dem wichtigen Exportmarkt. Sie hoffen aber darauf, dass vielen Kroaten das Hemd doch näher ist als der Rock - schließlich sind slowenische Produkte meist deutlich günstiger als die einheimischen.

Vergeltungsmaßnahmen gefordert

Der Zagreber Rechtsprofessor Sinisa Rodin schlug indes vor, dass Kroatien auf Basis des bestehenden Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA) mit der EU Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Ljubljana ergreifen soll. Mit dem Abkommen wurde nämlich der kroatische Immobilienmarkt für EU-Bürger geöffnet. Unter Berufung auf Artikel 120, das ein Einspruchsrecht enthält, könnte Zagreb diese Grundverkehrsliberalisierung für Slowenien wieder aussetzen, so Rodin gegenüber "Vecernji list".

"Werden EU-Mitgliedschaft nicht erkaufen"

Der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader hatte am Mittwochabend scharf auf das slowenische Veto reagiert. Er bezeichnete es als "beispiellos" in der Geschichte der EU-Beitrittsverhandlungen. Ljubljana verletze damit die Prinzipien der Solidarität, Gemeinschaft und der gutnachbarschaftlichen Beziehungen, auf denen die EU gegründet sei. Zugleich betonte er, dass Zagreb im Grenzkonflikt nicht nachgeben wolle. "Wir werden uns die EU-Mitgliedschaft nicht mit Staatsgebiet erkaufen".

Spinelegger bedauert Veto

VP-Außenminister Michael Spindelegger sagte am Donnerstag, es sei schade, dass der Beitrittsprozess auf diese Weise aufgehalten worden sei. Es liege im Interesse Sloweniens und auch Österreichs, dass Kroatien bald der EU beitrete, so Spinelegger im "Ö1-Mittagsjournal".

Bei dem Grenzstreit handle es sich um ein bilaterales Problem, dass nur auf bilateraler Ebene gelöst werden könne. Die EU werde alles tun, um dazu beizutragen.

Ähnlich äußerte sich auch die Sprecherin von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn, Krisztina Nagy, am Donnerstag in Brüssel: "Die Kommission hat immer wieder die Auffassung vertreten, dass die Grenzfrage eine bilaterale Frage ist, die nicht auf den Tisch der Beitrittsverhandlungen gebracht werden sollte. Wir rufen Slowenien und Kroatien auf, die offenen Grenzfragen im Geiste gut nachbarschaftlicher Beziehungen zu lösen." Der kroatische Regierungschef Ivo Sanader sprach von "Erpressung".

Landkarten Auslöser für Veto

Slowenien wirft Kroatien vor, im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen Landkarten vorgelegt zu haben, auf denen von beiden Staaten beanspruchte Gebiete als kroatisch ausgewiesen werden. Eine Zustimmung zu Beitrittsgesprächen auf Basis dieser Dokumente käme somit einem Verzicht auf Staatsgebiet gleich. Daher forderte Slowenien umfassende Garantien, dass die Dokumente kein Präjudiz für den künftigen Grenzverlauf sind. Mit der von Zagreb angebotenen Formulierung zeigte sich Ljubljana aber nicht zufrieden.

Daher legt sich Slowenien nun bei elf Verhandlungskapiteln quer. Der für Ende 2009 geplante Abschluss der kroatischen Beitritts-Gespräche ist damit in weite Ferne gerückt.

(Ag./Red.)

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