Auch Toyota fährt auf die stehende Kolonne auf

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Nun kommt auch Toyota ins Schleudern. Der erfolgsverwöhnte weltgrößte Autohersteller musste die Prognose des operativen Jahresergebnisses auf 1,2 Mrd. Euro Verlust senken.

Tokio. Nun kommt auch Toyota ins Schleudern. Am Montag musste der erfolgsverwöhnte weltgrößte Autohersteller die Prognose des operativen Jahresergebnisses (per 31. März 2009) auf 1,2 Mrd. Euro Verlust senken. Noch vor sechs Monaten prahlte der größte Autohersteller der Welt mit einer Bargeldkasse von rund 25 Mrd. Euro. Aber die Zeiten haben sich geändert. Die Umsätze in den USA und Europa brachen im November um 34 Prozent ein. „Das Umfeld ist extrem brutal“, erklärte Konzernlenker Katsuaki Watanabe die Verluste. „Wir stehen einer unvorhersehbaren Notsituation gegenüber. Und leider lässt sich die Talsohle auch noch nicht erkennen.“

Auch in den Schwellenländern, wo erst jüngst durch neue Produktionskapazitäten starke Positionen aufgebaut wurden, sacken Umsätze und Gewinne ab. Gleichzeitig verhagelt eine von heftigen Börsenspekulationen angeheizte Aufwertung des Yen zusätzlich die Bilanz. Jeder Yen, um den zum Dollar aufgewertet wird, kostet Toyota über 400 Millionen Dollar Jahresgewinn.

Probleme auch am Heimmarkt

Im Heimmarkt Japan konnten nur noch die beliebten Miniautos bis 600 Kubikzentimeter Hubraum eine Zunahme verbuchen. Toyota ist in diesem Geschäft jedoch nicht so stark und musste in Summe einen Rückgang der Neuzulassungen um 14 Prozent hinnehmen. Schon im vergangenen Jahr war der japanische Automarkt auf ein 27-Jahres-Tief von 5,3 Mio. Fahrzeugen eingebrochen. Dieser Trend beutelt besonders Toyota mit knapp 50 Prozent Marktanteil.

Im erfolgsverwöhnten Reich der Toyoten macht sich daher Panik breit. Die Toyota-Gruppe, zu der auch der Kleinwagenproduzent Daihatsu und der Nutzfahrzeughersteller Hino gehören, tritt weltweit auf die Bremse. Die Absatzprognose für das laufende Geschäftsjahr wurde um 550.000 Einheiten auf 9,3 Mio. Fahrzeuge zurückgefahren. Der Konzern sitzt zunehmend auf vollen Lagern. Toyota hatte in den USA erst kürzlich neue Fabriken für inzwischen fast unverkäufliche SUVs gebaut. „Jetzt zeigt sich, dass sich auch Toyota verschätzt hat“, sagt Ökonom Martin Schulz vom Fujitsu-Forschungsinstitut. Die Produktion wurde teilweise stillgelegt. Die Mitarbeiter einiger Werke waren zuletzt damit beschäftigt, den Rasen zu pflegen und den Anstrich in der Kantine zu erneuern.

Selbst Watanabe räumt jetzt ein, dass sein Unternehmen „zu schwerfällig geworden ist und das Konsensprinzip zu langsam, um neue Strategien den veränderten Situationen anzupassen“. Der Konzern mit 300.000 Mitarbeitern wird heute von fast 80 Vorständen geführt. Selbst im elitären Kreis der Topmanager um Watanabe „traut sich keiner eine gravierende Soloentscheidung“, analysiert die Wirtschaftszeitung „Nikkei“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2008)

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