Ministerrat: Zwei Milliarden unterm Christbaum

(c) APA (Helmut Fohringer)
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Die Regierung beschließt ein zweites Konjunkturpaket. Größter Brocken ist die Infrastruktur. Spenden werden absetzbar, sofern es nicht um Umwelt- oder Tierschutz handelt.

WIEN.So eine Ministeratssitzung einen Tag vor Weihnachten lässt kurzweilig sogar eine Weltwirtschaftskrise in Vergessenheit geraten. Im Steinsaal des Kanzleramts steht am Dienstag ein opulenter Christbaum, der nur dann Kugeln verliert, wenn Minister, die spät dran sind (wie Claudia Schmied), ein wenig hektisch vorbeihuschen.

Bundeskanzler Werner Faymann beschenkt sein Team mit CDs von Joseph Haydn, Vizekanzler Josef Pröll verteilt Weine aus dem Hause Pröll, Bio-Seifen und farbenprächtige Handtücher. Und Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP), in der einen Hand eine halbe Wurstsemmel, diktiert den Journalisten seinen Neujahrsvorsatz in die Blöcke: „Dass ich nicht mehr zwischen Tür und Angel esse.“

Die neue Regierung setzt auf Wohlfühlbotschaften auf allen Ebenen. Erstens: Man sagt nur nette Sachen übereinander. Im Wortlaut von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) klingt das so: „Wir haben in den ersten Wochen gut gearbeitet. Wenn es so weitergeht, bin ich sehr zufrieden.“ Und zweitens: Zu Weihnachten wollen auch die Menschen beschenkt werden – Krise hin oder her. Oder gerade deswegen. Also beschließt der Ministerrat sein zweites Konjunkturpaket mit mehreren Maßnahmen für die kommenden beiden Jahre.

Mehr als die EU vorschreibt

Es beinhaltet Investitionen in die Infrastruktur (875 Mio. Euro), in thermische Sanierungen von Wohnungen und Gebäuden (100 Mio.) und in regionale Beschäftigungsoffensiven (150 Mio.). Das kostenlose und verpflichtende Kindergartenjahr wird jährlich 70 Mio. Euro verschlingen; für die degressive Abschreibung sind 570 Mio. vorgesehen, für Forschung und Entwicklung 100 Mio. Euro.

Macht insgesamt knapp zwei Mrd. Euro, gemeinsam mit dem ersten Konjunkturpaket und der Steuerreform sogar 5,7 Mrd. Oder: rund zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Womit Österreich deutlich über den Vorgaben der EU liegt, nämlich 1,5 Prozent.

Dass der Ministerrat ausgerechnet am 23. Dezember auch die steuerliche Absetzbarkeit von humanitären Spenden beschließt, passt ins PR-Bilderbuch der reformierten Großen Koalition. Gaben für „mildtätige Zwecke“, Entwicklungszusammenarbeit und die ORF-Spendenaktion „Licht ins Dunkel“ werden begünstigt. Umwelt- und Tierschutzorganisationen sind ausgenommen, sie könnten in zwei Jahren in den Kreis der Begünstigten aufgenommen werden, wenn die Evaluierung positiv ausgeht. Als Profiteure kommen jedenfalls Firmen, Institute und Stiftungen gleichermaßen ins Spiel wie Privatpersonen, die Steuern zahlen. Allerdings ist die Spendenabsetzbarkeit mit zehn Prozent des Jahreseinkommens begrenzt.

Pröll kündigt Sanktionen an

Die Neuregelung soll im Frühjahr gemeinsam mit der Steuerreform beschlossen werden und rückwirkend per 2009 in Kraft treten. Dann will der Finanzminister auch „Ordnung in den Spendendschungel bringen“ und jährlich prüfen lassen, ob das Geld auch tatsächlich an die Bedürftigen weitergegeben wird. Falls nämlich nicht, werde es Sanktionen geben, verspricht Pröll.

Inwieweit all diese Weihnachts-Pakete dazu beitragen, die Wirtschaftskrise in Österreich zu dämpfen, vermag der Finanzminister letztlich genauso wenig zu prognostizieren wie der Kanzler. Faymann sagt nur so viel: Viel mehr Möglichkeiten habe ein kleiner Staat nun einmal nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2008)

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